Die Kundgebung am 13. September in Berlin zeigt, dass die öffentliche Stimme gegen die deutsche Kriegsunterstützung lauter wird.
Aufgerufen hatten verschiedenste Personen des politischen und öffentlichen Lebens. Die gemeinsamen Forderungen: Stopp der Waffenlieferungen und Abkehr vom Wettrüsten, Diplomatie statt Militarisierung und ehrliches Engagement für Frieden. Damit gingen die Forderungen über ein Ende des Leids in Gaza hinaus und wandten sich auch gegen die Aufrüstung in Deutschland (zum Beispiel die US-Mittelstreckenraketen und den neuen Wehrdienst) sowie Waffenlieferungen an die Ukraine.
Bereits im Oktober letzten Jahres hatte vor allem Sahra Wagenknecht prominent als Teil eines Bündnisses zur Friedensdemo am 3. Oktober in Berlin aufgerufen, wo über 40.000 Teilnehmer zusammenkamen. Dieses Jahr lag der Schwerpunkt offensichtlich vor allem auf dem Gaza-Krieg. Obwohl der Monat September, angefangen vom Antikriegstag am 1. September über mehrere Großdemonstrationen in Berlin bis hin zur bundesweiten Friedensdemo am 3. Oktober voller Aktivitäten der Friedensbewegung ist, kamen auch zu diesem Anlass 20.000 Menschen vor dem Brandenburger Tor zusammen. Organisationen und Parteien außer dem BSW waren nicht prominent vertreten und auch Gewerkschaftsfahnen fand man nicht viele. Die Teilnehmerschaft setzte sich merklich aus traditioneller Friedensbewegung, erkennbar an zahlreichen blau-weißen Friedensfahnen, und jüngeren, aus der Palästina-Bewegung kommenden Aktivisten zusammen. Dieser wichtige Schulterschluss drückte sich auch im Programm aus, in dem vielfältige Themen behandelt wurden.
Unter den Aufrufenden waren BSW-Politikerin Sahra Wagenknecht, der Schauspieler und Komödiant Dieter Hallervorden, die Journalistin Gabriele Krone-Schmalz, Sänger Peter Maffay, die Rapper Bausa und Massiv bis hin zu Moderator Daniel Aminati. Als Redner waren zudem Professor Moshe Zuckermann aus Tel Aviv, Pink-Floyd-Gründer Roger Waters und US-Professor Jeffrey Sachs zugeschaltet.
Im Programm fielen vor allem die vielen analytischen Beiträge auf, die auch inhaltlich unterschiedliche Ausrichtungen und teils Einschätzungen hatten. Während Daniel Aminati die Friedensbewegung in Israel hervorhob, teilte Moshe Zuckermann live aus Israel die Einschätzung, dass die israelische Bevölkerung zwar protestiere, es dabei aber in erster Linie um die Geiseln und nicht den Genozid in Gaza gehe. Den Krieg durch Proteste in Israel zu stoppen sei heute keine realistische Option – umso wichtiger sei der Druck von außen, aus Ländern wie Deutschland, aus denen nach wie vor Unterstützung für Netanyahu kommt. Politische Vorschläge machte Roger Waters, der in Bezug auf die Ukraine ein Referendum in mehreren Oblasten vorschlug, um den Anschluss an Ukraine oder Russland zu bestimmen.
Und Gabriele Krone-Schmalz unterstrich die Wichtigkeit von diplomatischen Initiativen wie dem Alaska-Treffen, während Dieter Hallervorden seinen Redebeitrag mit einem Zitat Lenins begann, dass Kriege nur „von unten“, also durch den Druck der Bevölkerung, wirklich beendet werden könnten. Die ganze Bandbreite der Einschätzungen wurde klar, als nach Hallervordens Lenin-Zitat der Rapper Massiv seine Rede mit „danke Gott, danke Berlin, danke Deutschland“ beendete. Besonders viel Applaus bekamen die Momente, die den Krieg in Gaza klar als Völkermord benannten, sowie Hallervordens Aufforderung an die Jugend, den Wehrdienst zu verweigern und Wagenknechts Polemik gegen die anderen Parteien, sie könnten doch gern ein Bataillon mit Kiesewetter, Hofreiter und Co bilden, wenn sie so dringend den Krieg wollten.
Das gesamte Programm sowie die Teilnehmerschaft bildeten die politische Breite der aufrufenden Kräfte ab, wobei zwar nicht alle Beiträge, die allgemeine Stoßrichtung des Protestes und besonders der Schulterschluss von traditioneller Friedensbewegung und Palästina-Aktivisten insgesamt jedoch positiv bewertet werden müssen. Insbesondere das breite Bündnis an öffentlichen Personen, die zur Kundgebung aufriefen, sowie die auffällig „neutrale“ Berichterstattung in den Medien im Anschluss (größtenteils ohne Verleumdungen der Aufrufenden sowie Teilnehmenden) muss auch als Zeichen gewertet werden, dass die deutsche Unterstützung von Israels Krieg immer unpopulärer werden. Wichtig wird es für die nächsten Wochen und Monate sein, den Widerstand weiterzuführen und die Friedensbewegung als Ganzes zu stärken.