Korrespondenz: 11. Kieler Montagsdemo

Auch am letztem Montag
versammelten sich rund 80 Montagsdemonstrierer/innen in der Kieler Innenstadt
um ihren Protest gegen die Hartz-Reformen und die Agenda 2010 zu bekunden. Das
Kieler-Sozialforum hatte die Veranstaltung gut vorbereitet. Ein Sänger brachte
Werke von Brecht und Kurt Weil zu Gehör und die Rendsburger Brecht-Companie,
die stark an die AP-Trupps der siebziger Jahre erinnerte, heizte die Anwesenden
mit Liedern wie „Alle Menschen die ein besseres Leben wollen sollen aufstehn!“,
richtig ein. Der Hauptredner war der Genosse Uwe Stahl vom Kieler Sozialforum.
In seiner Rede entlarvte er die Sozialpolitik der Kieler Ratsversammlung und
stellte die Verbindung zu den Angriffen der Regierung auf unsere Geldbeutel
dar. Aber lest selber:  

„- Kiel hat kein Geld,
das weiß die Welt –

Noch nie hatte die Stadt
Kiel ein Defizit von 88 Mio. wie in diesem Jahr. Damit steigt die Verschuldung
auf 400 Mio. und in den nächsten Jahren wird es noch schlimmer.

Die Unternehmen zahlen
immer weniger Gewerbesteuern, und die Stadt muss einen immer größeren
Anteil an Bund und Land abgeben
, wo es dann z.B. für Rüstungsausgaben
verwendet wird.

Die Kommunen und Gemeinden
werden planmäßig ausgehungert um alles zu privatisieren und sie komplett
von den Banken abhängig zu machen. Die Banken verdienen sehr gut an der Stadt
  2003 allein 23 Mio. allein für Zinsen.

Schluss mit der Aushungerung
Der Städte und Kommunen!

Nach der Privatisierung
des Öffentlichen Nahverkehrs, der Stadtwerke und dem Versuch dies ebenfalls bei
den Krankenhäusern zu erreichen, kommt als nächstes Abwasser und die
Kanalisation dran und dann die städtischen Immobilien.

         
Alles was in
Kiel noch von Wert ist wurde und wird verkauft.

         
Die Gewinne
der Stadtwerke in etwa so hoch wie die Stadt an die Banken Zinsen zahlen,
wurden in früheren Zeiten dafür verwendet, das Defizit im Öffentlichen
Nahverkehr auszugleichen. Jetzt landen sie in Konzernetagen und beim
Finanzkapital.

Schluss mit den ständigen
Privatisierungen!

Gegen den Ausverkauf der
Daseinsvorsorge an die Banken und Konzerne!

 

– Alle Parteien in der Kieler
Ratsversammlung sind dafür verantwortlich, dass die Konzerne immer weniger
Steuern zahlen. Die Spitzensteuersätze werden weiter gesenkt. Die Arbeiter und
Angestellten zahlen und finanzieren einen immer größeren Teil des Staates, aber
soziale Leistungen werden immer weiter beschnitten. Und so soll es auch in Kiel
sein und deshalb hat die Ratsversammlung 30% Einsparungen in Kultur, Bildung
und Verwaltung beschlossen.

Das ermutigt die Kieler
Unternehmer und ihre Sprecher von der IHK und sie werden immer frecher. Sie
wollen, dass die Stadt viel Geld in Prestigeobjekte steckt und Fördergelder
locker macht.

  Ein „Science -Center“ wollen sie haben. Es
soll angeblich viel Touristen nach Kiel bringen (300.000 pro Jahr). Geworben
wird für die maritime Wirtschaft und die Wissenschaft, die ihr kostenlos die
Forschungsergebnisse zur Verfügung stellt.

Was steckt hinter dieser
maritimen Wirtschaft. Tatsächlich soll Werbung gemacht werden für den Kieler
Rüstungsstandort, der Marinetechnik, dem U-Boots-Bau und der Entwicklung
moderner elektronischer Waffensysteme im maritimen Bereich. Hierzu soll die
Wissenschaft dienlich sein. Über 22 Mio. soll das Projekt kosten, die Konzerne
zahlen kaum was hinzu und die unabsehbaren jährlichen Folgekosten soll die
Stadt tragen. Und dies obwohl ähnliche Projekte gescheitert sind und obwohl
andere Städte wie z.B. Flensburg und Hamburg bereits ähnliches haben.

– Das Geld für dieses
Prestigeprojekt wäre besser untergebracht für die Zukunft der jungen Menschen
durch Verbesserung der Bildungsbedingungen an den Kieler Schulen oder durch
mehr Geld für Kultur.

Keine Förderung der Rüstungsproduktion
in Kiel – mehr Geld für die schulische und berufliche Bildung!

         
Als weiteres
Prestigeobjekt wollen Parteien und Unternehmerverbände den Flughafenausbau,
obwohl schon länger klar ist, dass selbst bei den Unternehmen kaum Bedarf am
Fliegen ist. Eine der zwei übrig gebliebenen Linienflüge wird von der Stadt mit
700.000 Euro Anschubfinanzierung ausgestattet. Das ist ungefähr der gleiche
Betrag, den die Stadt jetzt durch die Schließung einiger Stadtteilbüchereien
einsparen will. Wie jedes Jahr hat die Stadt im Jahr 2004 als Miteignerin des Flughafens
1.177 Mio. Euro für den Unterhalt eines Flughafens ausgegeben, der nur von
wenigen Politikern und Wirtschaftsmanagern benutzt wird. Ein Flughafenausbau
ist angeblich nötig, damit dort in Zukunft Düsenjets landen können. Aber wer
braucht diese überhaupt und wer will damit denn Profit machen. Ein völlig
unnötiger Ausbau der Landebahn würde mind. 50- 100 Mio. Euro kosten und die
Stadt bleibt auch hier auf den Folgekosten sitzen. In Lübeck, wo es die
gleichen Probleme mit dem Flughafenausbau gibt, werden die Billigflieger von
Ryanair, die selbstverständlich keine Landegebühren zahlen, dieses Jahr mit 8,9
Mio. aus der Stadtkasse bezuschusst. Auch die Stadt Lübeck ist finanziell am
Ende. (Fahrpreiserhöhung in Lübeck)

         
Statt der
jährlichen Bezuschussung des Kieler Flughafens wäre das Geld besser im
Öffentlichen Nahverkehr der Stadt untergebracht, wo alle Bürger von einer
Senkung der Fahrpreise z.B. zum Nulltarif profitieren könnten.

Statt Flughafenausbau –
öffentlicher Nahverkehr zum Nulltarif!

         
Sehr viel Geld
fließt auch in die Hafenwirtschaft, die immer weitere Hafen- und Kaianlagen
ausbaut und der Privatschifffahrt hoch gesicherte Fährterminals zur Verfügung
stellt. Niemand stellt die Frage, was es den Kieler Bürgern nützt, wenn 6,5
Mio. für die Umgestaltung des „Bootshafens“ ausgegeben werden. Die Innenstadt
stirbt trotzdem aus, denn die Menschen haben immer weniger Geld um die
Luxusgüter auf der Einkaufsmeile zu erwerben. Die Löhne sind in den letzten
Jahren ständig gesunken und Hartz IV wird die Verarmung noch weiter
vorantreiben.

Schluss mit der
Förderung von Prestigeobjekten!

Aber wir wissen, dass alle
Parteien den Unternehmerverbänden und ihren Prestigeprojekten hörig sind. Auch
wenn sie sich z.T. wie die GRÜNEN  gegen
den Flughafenausbau oder gegen einzelne Sparmaßnahmen äußern, so haben sie doch
alle gemeinsam den Bürgern das 30%-Sparparket aufgebürdet:

– Alles, was mit Bildung
und Kultur zu tun hat, wird gekürzt oder privatisiert. Betroffen sind nicht nur
die Sportverbände mit steigenden Hallengebühren, auch die Volkshochschule streicht
in den nächsten Jahren Personal und den größten Teil des
gesellschaftspolitischen und kulturellen Kursangebotes, der für den
minderbemittelten Teil der Bevölkerung bisher noch gerade erschwinglich war.
Hier sollen 1,45 Mio. eingespart werden.

– Fast alle
Stadtteilbüchereien sollen schließen und die zentrale Stadtbücherei wird
mittwochs geschlossen. Als erste betroffen sind Holtenau, Dietrichsdorf und
Schützenpark. In einigen Stadtteilen gibt es bereits starke Proteste.

– Kultur soll in Zukunft
nur noch möglich sein, wenn sie profitabel ist. Hier wurden bereits durch
Drohung mit Privatisierung die Fördergelder für die Pumpe gekürzt und alle
Kulturbetriebe in eine GmbH gesteckt.

– Wenn nicht geschlossen
wird, dann soll privatisiert werden. So z.B. bei den städtischen Schwimmbädern.
Die Gaardener Schwimmhalle und die Lessinghalle werden abgerissen. Die ganze
Kieler Bäderlandschaft, dazu gehören auch die Strände, soll in einen
profitablen Betrieb umgewandelt werden und „zielgruppenorientiert“ sollen dann
die Eintrittspreise erhöht werden.

Keine Schließung der
Büchereien!

Keine Beschneidung der
Volkshochschule!

Öffentliche
Einrichtungen sind für alle da  – und
zwar umsonst!

Ich protestiere gegen die
systematische Aushungerung der Kommunen, denen immer weniger Einkünfte zur
Verfügung stehen, weil die Reichen nicht zur Kasse gebeten werden, während die
Arbeiter, die den Reichtum produzieren einen immer größeren Teil des Staates
finanzieren.

Nehmt es von den Reichen und nicht von den Armen!

Die Politik der herrschenden
Parteien führt dazu, dass die Reichen immer reicher werden und dem ärmeren Teil
der Bevölkerung immer weniger soziale Leistungen zugestanden werden.

Diese Politik wird auch
von den Kieler Ratsparteien bedingungslos unterstützt, wie auch die Umsetzung
der Hartz IV-Reformen in Kiel beweist.

Weg mit Hartz IV!“

Am Do., dem 18. November will
die Ratsversammlung über die einzelnen Kürzungsmaßnahmen und evtl. auch
Prestigeobjekte beschließen. Vielleicht sollten sich die Betroffenen mal
lautstark auf der Ratsversammlung bemerkbar machen und Protestresolutionen
beschließen.

Weg mit dem Sozialabbau –
auch in Kiel!“

Die anschließende Demo führte
diesmal nicht nur durch die Fußgängerzone der Innenstadt, sondern auch über
stark befahrene Straßen der Umgebung. So mussten Kreuzungen von der Polizei
gesperrt werden und die Pkws und Busse dem Demonstrationszug „Vorfahrt“
gewähren.

K.B.