Kommunique der PCOF: Das neoliberale Europa in der Krise

Der Sieg des „Nein“ in
Frankreich, von dem „Nein“ in Holland gefolgt, hat eine tiefe Krise im Schoße
der neoliberalen EU buchstäblich explodieren lassen. Diese Krise war latent;
die Ablehnung der Verfassung durch zwei Referenden hat ihren Ausbruch nur
beschleunigt.
Er berührt alle Aspekte der EU-Verfassung, insbesondere mit
der Definition ihrer wirtschaftlichen Prioritäten, die sich im Haushalt der EU
niederschlagen mussten. Anlässlich des letzten europäischen Gipfels konnte
keine Vereinbarung abgeschlossen werden.

Um eine Fortsetzung des „Nein“ zu
vermeiden, haben sich die Staatsführer, welche Referenden vorgesehen hatten,
entschlossen, die Abstimmung zu verschieben, eine vorläufige Etappe für eine
mögliche schlichte Aufgabe dieses Wegs der Ratifizierung. Ein weiterer Aufschub
für die Beendigung des Ratifizierungsprozesses wurde entschieden, aber niemand
ist sich darüber im Unklaren: die europäische Verfassung ist tot. Zugleich,
welche Verachtung für die Völker, und welche Karikatur der Demokratie!

Die Führer der wichtigsten
Staaten schieben sich gegenseitig die Schuld zu. Chirac, geschlagen, geschwächt
und für die Politik, die von den Regierungen Raffarin I bis IV betrieben wurde,
abgestraft, beschuldigt Blair, die französische Landwirtschaft liquidieren zu
wollen. Jener erwidert, dass es andere wirtschaftliche Schwerpunkte gäbe. Man
wird Zeuge eines wüsten Gerangels, wo jeder seinen Taschenrechner herauszieht.
Die ersten, welche die Zeche zahlen, sind die neu eingegliederten Länder, die
zusehen müssen, wie die Versprechungen europäischer Hilfen dahinschrumpfen.

Auf die Völker, die es gewagt
haben, nein zu sagen, wird mit dem Finger gezeigt. Diesbezüglich sind die
Führer sich einig, sie schuldig zu sprechen. Keiner will zugeben, dass es der
Neoliberalismus ist, der bestraft wurde. Sie wollen keine anderen Lehren
ziehen, als die, welche sie selbst arrangieren: Kampf gegen die Unsicherheit,
gegen die Immigration, welche sie versprechen zu verstärken.

Die Botschaft des 29. Mai, das
„Nein“ zum liberalen Europa, hat die Sackgassen, die schwerwiegenden
Rivalitäten, welche die EU durchdringen, ans Licht gebracht, weil sie genau auf
den Dogmen des Neoliberalismus aufgebaut ist: der Konkurrenz aller gegen alle, und,
weil die Arbeiter, das Volk diese Spaltung und 
diese verschärfte Konkurrenz nicht wollen, haben sie mit „Nein“
gestimmt.

Chirac bezeichnet Großbritannien
als n für die Krise. Er will sich als Sozialliberalen hinstellen. Aber während
er das Banner des „Sozialmodells Frankreich“ schwingt, verschärfen die
Minister der doppelköpfigen Regierung Villepin-Sarkozy die Politik des sozialen
Rückschritts
mit der Fortführung der Privatisierungen, der Infragestellung
des Rechts auf Arbeit vor dem Hintergrund neuer Geschenke an die Unternehmer.
Diese antisoziale Politik, die auf ihrem repressiven Flügel geschwind und weit
vorangehen will – es ist Sarkozy, der den Diskurs über die Sicherheit wieder
aufnimmt. Wenn er von „Reinigung“ der am meisten benachteiligten Wohnviertel
spricht, so erklärt er nicht der Armut, der Arbeitslosigkeit und den miserablen
Wohnbedingungen den Krieg, nein, er erklärt den Armen den Krieg und unter dem
Deckmantel des Kampfs gegen das Verbrechen verfolgt er die Errichtung eines
Polizeistaats.

Der politische Sieg des „Nein“
gegen den Liberalismus ist ein Stützpfeiler für die Mobilisierung gegen die
konkreten nationalen und internationalen Maßnahmen, welche die Manager der
Großkonzerne ergreifen, um für immer mehr Profite zu restrukturieren, zu
entlassen, zu verlagern und die Regierungen hinsichtlich der Privatisierungen,
der Liquidierung des Rechts auf Arbeit und der sozialen Sicherheit. Kein Kampf gegen
die konkreten Auswirkungen dieser neoliberalen Politik darf isoliert bleiben.

Der Sieg des „Nein“ in Frankreich
und in den Niederlanden und das, welches sich in den anderen Ländern
herausbildete, trug die Verfassung zu Grabe.

Ø     
Keine Neuverhandlungen, keine Umgestaltung:
Rücknahme der Verfassung.

Ø     
Aufhebung der europäischen Direktiven über die
Dienstleistungen, das Transportwesen und die Arbeitszeit.

 

Der Sieg des
„Nein“ reiht sich ein in die ausgedehnte Bewegung der Arbeiter und Völker, die
sich auf europäischer und weltweiter Ebene gegen die neoliberale Politik, die
nur den Monopolen dient, entwickelt.

 

Paris, den 24.
Juni 2005-06-25

PCOF (Kommunistische
Arbeiterpartei Frankreichs)