Israel rekrutiert palästinensische Kinder als Kollaborateure

In Palästina versteht man unter einem Kollaborateur einen
Palästinenser, der mit den israelischen Sicherheitskräften in den besetzten
Gebieten oder in Israel zusammenarbeitet. Palästinenser als Kollaborateure zu
rekrutieren, wird als Teil der israelischen Politik der Kontrolle über die
Gebiete und die Bevölkerung wahrgenommen.

 

Die meisten Fälle  von
Kollaboration werden in den Verhörzentren und Gefängnissen gefunden, wo
Gefangene unter extremen physischen und psychischen Druck gesetzt werden, um
„mitzuarbeiten“. Auch palästinensische Kinder werden so unter Druck
gesetzt. Der israelische Geheimdienst (Shin Bet) versucht ständig, Kinder als
Informanten zu rekrutieren. Eine 2003 von der Defence for Children
International – Palestine Section (DCI-PS) durchgeführte Untersuchung vor Ort
mit früher verhafteten Kindern ergab, dass etwa 60% der interviewten Kinder –
manche erst 12 Jahre alt – berichteten, dass sie gefoltert wurden oder anderen
Formen von Zwang oder Überredung unterworfen wurden, mit dem Versuch, sie zur
Zusammenarbeit zu bringen. Bis Ende 2003 gab es allein in Gaza durchschnittlich
40 Versuche im Monat, Minderjährige zu rekrutieren. Am 5. Februar 2002
betraten, kurz nach dem für zwei 17-Jährige Khaled Karmiel und Jihad
Karmiel  vom palästinensischen
Sicherheitsgericht in Jenin für das Töten eines Mitgliedes des
palästinensischen Sicherheitsdienstes die Todesstrafe ausgesprochen worden war,
zwei bewaffnete Männer den Gerichtssaal und erschossen die beiden Jungen. Sie
waren angeklagt worden, mit den israelischen Behörden zusammengearbeitet zu
haben.

Es wird immer dringender, die Ausnützung palästinensischer
Kinder als Kollaborateure zu verhindern und die Kinder zu schützen, die als
Kollaborateure von israelischen Kräften missbraucht worden waren. Die
palästinensischen Behörden und Gemeinden, die religiösen Führer, Schulen,
Familien und palästinensische und internationale Organisationen müssen nach
Meinung von DCI-PS eine Schlüsselrolle bei der Verhinderung von Anwerbungen
spielen. Etwa 2800 Kinder wurden von den israelischen Behörden zwischen
September 2000 und dem Juli 2004 verhaftet. Zu verschiedenen Zeitpunkten
stellten die palästinensischen Kinder 10% aller palästinensischen Gefangenen
dar. 2002 war ein Fünftel der von DCI-PS untersuchten Fälle von
Kindergefangenen 13 und 14 Jahre alt, der Rest war zwischen 15 und 17 Jahre
alt.

In einem aktuellen Interview von DCI-PS mit einem
Rechtsberater der PSF (palästinensische Sicherheitskräfte) wurde gesagt:
„Der israelische Geheimdienst zielt auf junge Kinder, weil sie eine
leichte Beute sind. In diesem Monat verhafteten wir  6 Kollaborateure, 3 von ihnen waren unter 18.
Man schätzt, dass von 10 (angeblichen) Kollaborateuren, die wir verhaften und
befragen, vier Kinder sind. Der Jüngste, dem wir begegnet sind, war 12. Jahre
alt. Die genaue Zahl der Kollaborateure, Erwachsene und Kinder, ist unbekannt,
aber bei der DCI-PS Vor-Ort-Untersuchung von 40 früheren Kindergefangenen
berichteten 25 Kinder, dass sie gefragt oder unter Druck gesetzt worden waren,
mit der israelischen Besatzungsmacht zusammen zu arbeiten. Nach Aussage der
Opfer wurden verschiedene Methoden angewandt: Schläge, Androhung langer Haftstrafen,
Erpressung gegen die Familie, sexuelle Gewalt und öffentliche Beschämung. Als
Belohnung  für die Zusammenarbeit wurde
außer frühere Entlassung, Geld, Arbeits- und andere Genehmigungen und sexuelle
Dienste angeboten. Auch die israelische Polizei versuchte zwei Kinder zu
rekrutieren, zwei andere wurden von palästinensischen Kollaborateuren innerhalb
des Gefängnisses unter Druck gesetzt, und in einem isolierten Fall versuchte
ein israelischer Soldat, ein Kind zu rekrutieren.

DCI-PS sammelte Zeugnisse von Kindern, die bedauerten, dass
sie dem Druck nachgegeben hatten, um Informanten zu werden. Es ist für
palästinensische Kinder äußerst schwierig, die Versuche, sie zu Kollaborateuren
zu machen, anzuzeigen, da von ihnen erwartet wird, dass sie ihren israelischen
„Vorgesetzten“ berichten müssen oder schweren Folgen ausgesetzt sind.
Auch die palästinensische Gesellschaft hat mit Kollaborateuren wenig Mitleid,
besonders dann, wenn sie mit ernsten Vorfällen verbunden sind, die zum Tod von
anderen Palästinensern führten oder der nationalen Sache Schaden zufügten.

Quelle: http://www.dci-pal.org/english/home.cfm

(kb)