Französisch lernen!

Seit Wochen kämpfen Frankreichs Jugendliche auf den Straßen
gegen den CPE, den so genannten Erstanstellungsvertrag, der von der Regierung
de Villepin per Gesetz erzwungen wurde und es den Kapitalisten ermöglicht
Jugendliche 2 Jahre lang ohne jeden Grund zu feuern. Demagogisch preist
Villepin dies als „Hilfe“ für die Jugendlichen und als Mittel gegen die extrem
hohe Jugendarbeitslosigkeit an.

Doch die Jugendlichen in Frankreich lassen sich von dieser
Demagogie nicht täuschen. Sie haben die Nase voll von elenden Jobs, aus denen
sie jederzeit gefeuert werden können. Sie haben die Nase voll von einer
Gesellschaft, die ihnen keine Perspektive bietet. Sie kämpfen lieber, teilweise
mit radikalen Mitteln, mit Verzweiflung und Wut. Mit brutaler Polizeigewalt
geht die französische Regierung gegen die Jugend vor, lässt sie zusammen
knüppeln und inhaftieren.

Und in Frankreich geschieht etwas, was in Deutschland leider
noch nicht so gut klappt: Die große Masse der französischen Bevölkerung
solidarisiert sich mit den Jugendlichen und lässt sich nicht von den
Hasstiraden der rechten Regierung gegen „die Radikalen“ abschrecken. Die
Menschen wissen: Es sind ihre Kinder, die da auf der Straße sind, es sind ihre
Kinder, die keine Perspektive haben, es sind ihre Kinder die vor Gericht stehen
und im Gefängnis sitzen!

Nach einigem Zögern unterstützen auch immer mehr
Gewerkschaften den berechtigten Protest der Jugend. Von der Basis kommt Druck
gegen die zögerliche Haltung mancher Gewerkschaftsführer. Die Arbeiter und
Angestellten wollen für ihre Kinder in den Solidaritätsstreik treten, bis das
Gesetz weg ist. Unter diesem Druck der Basis kam es am 28. März zu der bislang
größten Protestaktion mit über 3 Millionen Menschen auf der Straße. Dazu kamen
Solidaritätsstreiks in zahlreichen Branchen.

Nehmen wir uns ein Beispiel an dieser Haltung des
französischen Volkes! Warum protestieren Rentner fast allein gegen die
Rentenkürzungen? Warum gehen Studenten weitgehend allein gegen die
Studiengebühren auf die Straße? Warum gibt es für die Beschäftigten im
öffentlichen Dienst, die gegen Arbeitszeitverlängerung kämpfen, keine
Solidaritätsstreiks anderer Gewerkschaften? Warum treten unsere Gewerkschaften
nicht in den Streik, wenn das Rentenalter auf 67 erhöht wird? Usw. usf.

Die Gewerkschaftsführer sagen, Solidaritätsstreiks sind
verboten! Dann können wir doch nicht streiken! Wir sind an Gesetze und
Friedenspflicht gebunden! Ja, in Deutschland sind die Streikgesetze so
undemokratisch! Doch Gesetze fallen nicht vom Himmel! Sie können bekämpft
werden! Das machen das französische Volk, die französischen Arbeiter und
Angestellten gerade vor. Das CPE ist auch ein Gesetz. Sind Gesetze heilig? Darf
nicht gegen sie kämpfen? Gesetze sind von Menschen gemacht – im Interesse von
Menschen. Das CPE ist im Interesse des Kapitals gemacht. Die Streikgesetze in
Deutschland sind auch im Interesse des Kapitals gemacht. Rentenerhöhung,
Studiengebühren, Arbeitszeitverlängerungen usw. ebenfalls. Sollen wir uns davon
einschüchtern lassen und brav sein, weil eine kleine Minderheit der Mehrheit
der Gesellschaft ihren Willen aufzwingt, weil sie Regierung und Parlament, den
gesamten Staatsapparat im Griff hat? Oder sollen wir uns wehren – wie in
Frankreich?

Die Antwort ist eindeutig: Das französische Volk, die
französischen Arbeiter und Angestellten handeln richtig, wenn sie nicht vor
einem Gesetz des Kapitals fromm in die Knie gehen und sich beugen. Sie handeln
richtig, wenn sie Millionen auf die Straße gehen und streiken! Lernen wir davon
und verbreiten wir dieses Beispiel unter unseren Kolleginnen und Kollegen!

ernst