Mogeln in Mügeln und anderswo

Ein Volksfest in Mügeln, Sachsen: Acht Inder wurden von 50
Rechtsradikalen unter Parolen wie Deutschland den
Deutschen, Ausländer raus“
und „Hier regiert der nationale Widerstand“ durch die Straßen der Stadt gejagt und brutal
zusammengeschlagen. Sie mussten sich in einer Pizzeria, die einem der Opfer
gehört, verschanzen, bis die Polizei kam. „Das war der Moment, als ich
Todesangst hatte“
, sagt Susan Meyer, die deutsche Kellnerin der Pizzeria.

Wer Deutschland kennt, weiß, dass so
etwas mittlerweile „normal“ ist. Jede Woche gibt es solche Vorfälle.

Bei einem Weinfest in Rheinland-Pfalz am selben Wochenende wurde
ein 26-jähriger Sudanese schwer am Kopf verletzt. Sein Freund, ein 39 Jahre
alter Ägypter, erlitt Schnittwunden an der Hand. Eine sechsköpfige Gruppe hatte
sich „Wir machen die Neger platt“ grölend auf die beiden gestürzt und diese
unter anderem mit einer Weinflasche angegriffen und zusammengeschlagen.

Es ist ein Skandal, dass so etwas in unserem Land „normal“
ist. Noch größer allerdings ist der Skandal, wie Polizei und Politik damit
umgehen.

Die Polizei hat anscheinend mal wieder alles getan, um den
Opfern das Leben noch schwerer zu machen. Eine Verletzte: „Aber wir haben
acht Stunden lang in einem kalten Vorraum gewartet, ohne dass ein Protokoll
aufgenommen wurde… Es gab keine ärztliche Versorgung, wir bekamen nicht einmal
Wasser zu trinken, es war kalt. Die haben uns da herumsitzen lassen wie Hunde.“

Die Polizei verhörte die Opfer erst am nächsten Morgen um
zehn Uhr, nachdem zwei Dolmetscher eingetroffen waren, obwohl die meisten ausreichend
deutsch sprechen.

Die Pressesprecherin der Polizeidirektion Westsachsen, Ilka
Peter, meinte dazu: „Die steigern sich jetzt in ihre Opferrolle hinein.“

Ein Polizist gab an die Presse weiter, einer der Inder sei
per Haftbefehl gesucht und verschwieg dabei, dass seine „Straftat“ darin
bestand, dass er sich unerlaubt außerhalb des Landkreises bewegt hatte.

Dazu wird immer wieder so getan, als sei der Ausgangspunkt
ein Streit beim Stadtfest gewesen. Ein rechtsradikaler Hintergrund wird
bestritten. So z.B. Sachsens Innenminister Albrecht
Buttolo: „Das ist nicht die Tat von einer rechtsradikalen Gruppe als
Gruppierung gewesen.“
Es habe sich beim Stadtfest „ein Sachverhalt auf
der Tanzfläche hochgeschaukelt“
. Mittlerweile ermittelt die Polizei gegen
die Inder wegen des Verdachts auf Körperverletzung, weil auch einige aus dem
Neonazimob Verletzungen davon trugen. Die Inder hätten sich wohl wehrlos
abschlachten lassen sollen.

Bezeichnenderweise nennt der
Einsatzleiter der Polizei die Rechtsradikalen versehentlich als „Personengruppe,
die sich gegen die ausländischen Mitbürger gewehrt hat“
.

Trotz ca. 10% Wählerstimmen für die NPD bei den letzten
Landtagswahlen wird der Bürgermeister Gotthard Deuse
(FDP) nicht müde zu verkünden, in Mügeln gebe es keine rechte Szene. Er meint,
es könne halt passieren,
„dass jemand mal Parolen ruft wie ‚Ausländer
raus’ oder ‚Deutschland den Deutschen’.“
Im Übrigen seien die Täter keine
Mügelner.

Dabei vergisst er auch, dass es im Ort mit „No Colours
Records“ sogar einen Versand gibt, der mit neonazistischer Musik und
Bekleidung handelt. Der Deutsche Kulturrat schreibt über „die Firma ‚no
colours records’, die unter anderem Neonazi-Rock und rechtsextremistische
Black-Metal-Musik vertreibt und zu den wichtigsten Versandhändlern Deutschlands
zählt.“
http://www.nmz.de/kiz/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid=15778&mode=thread&order=0

Bezeichnend ist auch die Heuchelei mancher Politiker, die
sich nun empört geben, während zur gleichen Zeit die NPD mit Millionen Euro
Staatsgeldern gefördert und ein Verbot aller faschistischen Organisationen
verhindert wird.

Am 21.8. kam es in Mügeln zu einer Demonstration von ca. 250
Jugendlichen gegen die faschistische Gewalt. Dabei erhielten sie teilweise
Unterstützung von der Bevölkerung und konnten rund 50 Euro Spenden für die
Opfer sammeln.

Siehe auch den Artikel „Im Kampf gegen Neonazis muss man
„nicht alles sehen“ – Hans-Christoph Glombiza, Vizechef der Polizeidirektion
Dessau“
, http://www.arbeit-zukunft.de/index.php/item/704

Aktualisierung:

Inzwischen hat sich der Bürgermeister von Mügeln in der
rechten „Jungen Freiheit“ geäußert. Die „Junge Freiheit“ meint zu den Vorfällen
in Mügeln: „Im Windschatten der
Medienkampagnen wird diese Entwicklung Stück um Stück vorangetrieben. Sie sind
die Lokomotiven eines geistigen Bürgerkriegs. Daher muß man sich zu Mügeln die
Fragen vorlegen: Wer sind hier die Hetzer? Wer ist das Gesindel? Wer ist hier
der Mob, der rast?“

Also nicht die braunen Schläger, die grölend durch Mügeln
zogen und 8 Inder brutal verprügelten sind Hetzer, Gesindel und Mob, sondern
die Medien, die diesen Skandal bekannt machen.

Und der Bürgermeister von Mügeln, Deuse, gab in der „Jungen
Freiheit“ zum Besten:

„Ja, ich sage klipp
und klar: Rechtsextremismus schließe ich aus. Denn es besteht ein Unterschied
zwischen ausländerfeindlichen Parolen von Betroffenen und Rechtsextremismus…

Denn entgegen der
Wahrheit klagen wir uns selbst vor aller Welt als Hort des Rechtsextremismus an…

Ich kann diese
Verklemmung bei uns Deutschen selbst nicht verstehen. Ich bin Jahrgang 1948 und
habe mit dem braunen Terror von damals nichts zu tun, und deshalb frage ich mich:
Warum können wir Deutsche eigentlich nicht – so wie das doch 2006 zur WM sehr
schön gelungen ist – unverkrampft zu uns selbst stehen? Warum dürfen nicht auch
wir mal unseren Nationalstolz zeigen? Ich zum Beispiel bin stolz darauf,
Deutscher zu sein, aber wenn ich das sage, lande ich ja schon wieder in der Ecke…“

Schuld, dass man nicht so national stolz sein darf, sind seiner
Meinung nach „auch all diejenigen, die
hier ständig neue angeblich rechtsextreme Zwischenfälle herbeiphantasieren und
in alle Welt hinausposaunen… “