Krise ade?

Seit Wochen suggerieren uns hoffnungsvolle Konjunkturdaten in den bürgerlichen Medien das Ende der Wirtschafts- und Finanzkrise.
Im Endspurt zu den Bundestagswahlen werden von den Monopolparteien zudem noch verlogene Visionen von einer zukünftigen Vollbeschäftigung und vielerlei Versprechungen wie z.B. von bevorstehenden Steuererleichterungen vorgetragen.

Ist die Krise also schon vorbei, ein baldiger Aufschwung in Sicht?

Wir sind mit dem Fahrstuhl im Keller angekommen, jetzt geht es mit der Rolltreppe ganz langsam nach oben.

Wirtschaftsweisen Chef Wolfgang Franz  (Bild vom 14.08.2009)

Ist die Wirtschafts- und Finanzkrise schon wieder vorbei, ihre stärksten Auswirkungen vorüber? Geht man von bürgerlichen Medien der letzten Wochen aus, die sich auf immer mehr Konjunkturdaten berufen und sich auf die Aussagen von diversen Vertretern des Kapitals und ihrer Ökonomen stützen, ist die Talsohle angeblich schon durchschritten, demnach geht es wieder aufwärts. Bereits seit Ende Mai, Anfang Juni häuften sich zunehmend optimistische Einschätzungen über die wirtschaftliche Entwicklung. Nun ist bereits beinah alltäglich aus den Schlagzeilen der bundesdeutschen bürgerlichen Presse zu entnehmen, dass es aufwärts gehe. So heißt es etwa in der Süddeutschen Zeitung „Deutschland erwacht aus der Rezession“ und die Bild- Zeitung verkündet ähnlich, „Krise! Endlich ein bisschen Hoffnung“. Die wochenlange Propaganda vom Ende der Krise wurde nun kurz vor den Bundestagswahlen mit aktuellem Zahlenmaterial scheinbar bestätigt. – Deutschlands Wirtschaft ist nach vier Minus-Quartalen im zweiten Vierteljahr wieder minimal, um ganze 0,3 Prozent gewachsen! Die regierenden Monopolparteien aus SPD und CDU/CSU sehen es beiderseits bereits jetzt schon als ihren heldenhaften Verdienst an, das Land vor dem ökonomischen Zusammenbruch gerettet zu haben!

Die Euphorie ging einigen Vertretern des Finanzkapitals dann doch zu weit.  So meldete sich Mitte August etwa Bundesbankpräsident Axel Weber zu Wort: „Ich warne davor, das Ende der Krise zu früh auszurufen“. (SZ vom 17.08.2009)

Staatsmonopolistische Eingriffe und Maßnahmen

Tatsächlich wurden seit dem offenen Ausbruch der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise auch in Deutschland eine ganze Reihe von Eingriffen und Maßnahmen getroffen, die zu einer Stabilisierung des Finanzsystems und zu einer leichten Belebung der Gesamtwirtschaft geführt haben. In unterschiedlicher Weise griff der Staat innerhalb der gesetzmäßigen Möglichkeiten, in die Ökonomie ein.

Hierzu einige Beispiele:

  • Bürgschaftsgarantien für angeschlagene Banken und Monopole
  • Direkte Finanzhilfen aus Steuergeldern
  • Verstaatlichungen bzw. Teilverstaatlichungen
  • Investitions- bzw. Konjunkturprogramme (z.B. Abwrackprämie)
  • Weitere Möglichkeiten der Umverteilung (z.B. Bad Banks)
  • Finanzaufsichtsmaßnahmen über angeschlagene Banken
  • Arbeitspolitische Maßnahmen (z.B. Förderung der Kurzarbeit)

Durchgeführt wurden all diese Eingriffe und Maßnahmen im Angesicht eines möglichen Zusammenbruchs des Finanzsystems, also zur Rettung und Stabilisierung des kapitalistischen Systems überhaupt. Beschlossen wurden die Eingriffe unter Leitung und Aufsicht eines relativ kleinen Personenkreises aus Vertretern der Banken und Monopole. Die politischen Vertreter selbst werden bekanntlich wiederum von Vertretern des Finanzkapitals beraten. Als einer der zentralen Berater der Regierung etwa, gilt beispielsweise der oben zitierte Bundesbankpräsident Axel Weber oder Deutsche Bank Chef Ackermann und andere aus dem Personenkreis der Finanzoligarchie. Die Bereitschaft der Banken und Monopole, administrative und regulative Maßnahmen des bürgerlichen Staates verstärkt zuzulassen, war wegen der objektiven Krisensituation unumgänglich geworden und kam einer Anforderung an den bürgerlichen Staat gleich. Obwohl die Banken und Monopole den Staat als ihr Instrument nutzen, wurde für die Bevölkerung Meinungsverschiedenheiten des Monopolkapitals gegenüber dem Staat hochstilisiert. Wenngleich für manche die nun verstärkte Rolle des Staates nicht in das ökonomische Anschauungssystem passte, die offene Hilfe des Staates war notwendig und unumgänglich geworden. Bei der Meinungsmache, dass sich Banken und Monopole dem staatlichen Krisenmanagement gegenüber skeptisch und unversöhnlich verhielten, wurde in den Medien übertrieben. – Es existierte ebenso vor der Krise keine staatsfreie Wirtschaft. Eine völlig  liberale ungezügelte Wirtschaft ohne staatliche Eingriffe, ohne Regulierung ist reines Wunschdenken bürgerlicher Ökonomen. Der Imperialismus mit seinen komplexen Zusammenhängen kann nicht ohne der ökonomischen Hilfe des bürgerlichen Staates existieren (Natürlich hat der Staat des weiteren noch eine ganze Reihe anderer Aufgaben).  Mit staatlichen Mitteln wird daher versucht, den Widersprüchen entgegenzuwirken. Der Imperialismus in seinem höchsten und letzten Stadium ist immer auch staatsmonopolistischer Kapitalismus!


Rolltreppe aufwärts? – Krise überstanden?

In der Wahrnehmung von führenden Vertretern von Staat und Wirtschaft liegen offenbar in der Abfolge, die schwere Krise, der steile Absturz und ein plötzlicher Aufschwung sehr dicht beieinander. So stellten zunächst u.a. der deutsche Finanzminister und ein Mitglied der Europäischen Zentralbank vor nicht allzu langer Zeit den Ernst der Lage noch recht offen dar:

Deutschland steckt in der größten Krise seit 60 Jahren.“ Finanzminister Peer Steinbrück (Abendzeitung München vom 25.06.2009) Und ähnliche Verlautbarungen aus der EZB:

Wir befinden uns in einer Rezession, wie wir sie in den letzten Jahrzehnten nicht erlebt haben.“ Jürgen Stark, Mitglied der EZB (FAZ vom 20.Mai 2009)

Mit dem Näherrücken der Bundestagswahlen stellt sich zunehmend gute Stimmung in den Kreisen des Monopolkapitals ein. Die Konstellation CDU/CSU/ FDP wird in diesen Kreisen favorisiert und schon jetzt als baldiger Wahlsieger vorgestellt. Nach dem drohenden und gerade noch vermiedenen Kollaps soll sich nun für die Wähler eine zunehmend gute Stimmung und Vertrauen in die Politik, ja für das ganze kapitalistische System einstellen.

Die „frohe Botschaft“ über einen wirtschaftlichen Aufschwungs soll sich mit Hilfe der Manipulation der öffentlichen Meinung durchsetzen. Wie gerufen kommt hierzu „positives“ Zahlenmaterial vom Statistischen Bundesamt am 13. August mit den jüngsten Konjunkturdaten geliefert, das den Optimismus weiter bestärken soll. Trotz einiger skeptischer Einwände wird das Zahlenmaterial des Statistischen Bundesamtes, das ein anwachsen des Bruttoinlandsprodukt (BIP) von April bis Juni von 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal feststellte überaus positiv von den bürgerlichen Medien verbreitet. In der Süddeutschen Zeitung heißt es hierzu beispielsweise: „Die schwerste Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik geht zu Ende. Erstmals seit Anfang 2008 ist die Wirtschaft wieder gewachsen. Damit hat sie sich überraschend schnell von ihrem massiven Absturz erholt. Als eine der ersten Industrienationen hat Deutschland nun offenbar die Wende geschafft.“ (SZ vom 14.-16.08.2009) Unangesprochen und verschleiert jedoch bleiben wesentliche Fragen. Stattdessen werden parallel Wahllügen von Vollbeschäftigung und Steuererleichterung etc. aufgetischt. Pardon, eine Steuererleichterung für die Monopole ist natürlich vorstellbar. Und natürlich gibt es auch Beispiele dafür, dass einige die Krise bisher noch nicht zu spüren bekommen haben, einige sich von der Krise bereits erholt haben. Allen voran Bankmanager, die sich mit Steuergeldern Bonuszahlungen genehmigen lassen, oder Banken und Konzerne, die sich mit Hilfe von Bürgschaften, Steuergeldern und Konjunkturprogrammen, die von der Bevölkerung geschultert werden, langsam erholen. Schon bisher traf die schwerste Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik also nicht alle Menschen gleichermaßen. Geleugnet wird, dass sich das kapitalistische System in einer fundamentalen und allgemeinen Krise befindet, aus der es bis zu seinem Untergang nicht herauskommen kann.

Die wichtige Frage, für die Arbeiterklasse und die Bevölkerung, die sich schon sehr bald, nach all den Wahllügen und geschönten Zahlen einstellt, und wie eine riesige Welle hereinbrechen wird, ist jedoch noch unbeantwortet. Nämlich das wirkliche Ausmaß der noch längst nicht überwundenen Krise und das Ausmaß der Krisenlasten die auf uns abgewälzt werden sollen. Vielerlei Prognosen über das weitere Anwachsen der Arbeitslosigkeit und der Staatsverschuldung, die Abwälzung der Krise durch eine immer höher werdende Steuer- und Abgabenlast  fordern eine breite Front aus Arbeiterklasse und Volksbewegung geradezu heraus!

                                                                                              ab