Immer neue imperialistische Drohungen gegen Iran!

Die Situation im nahen und mittleren Osten spitzt sich erneut zu. Neben Irakkrieg und Afghanistankrieg richtet sich der Fokus der verschiedenen imperialistischen Staaten wieder auf den Iran. Täglich erschrecken Medienberichte über die weitere Konzentration von US-Marineeinheiten im persischen Golf, über die offenen Drohungen Israels mit Militärschlägen auf iranische Atomanlagen. Jüngst stellte Israel eine neue, grosse „Drohne“ vor, die angeblich 20 bis 24 Stunden in der Luft bleiben und 1 Tonne „Nutz“last, also auch Bomben, tragen kann. Sie wurde bereits im Krieg gegen Gaza erprobt. Es wurde betont, dass sie Iran angreifen könne.
Auch Iran lässt sich nicht lumpen. Soeben berichteten die iranischen Medien von der feierlichen Indienststellung des ersten vollständig im Iran gebauten Marinezerstörers durch „Revolutionsführer“ Ayatollah Chamenei. Wettrüsten!
Iran hat vor kurzem den Bau weiterer Anlagen zur Anreicherung von Uran angekündigt. Hasserfüllt, geisseln deshalb die imperialistischen Medien den Iran mit der Beschuldigung, er wolle in Wirklichkeit Kernwaffen entwickeln und das sei nicht zulässig, eine Gefahr für die Region etc. etc. Die Autoren dieser Anschuldigungen interessieren sich nicht für die Dementis des Iran, finden aber überhaupt nichts an Atombomben bei den engsten Nato- oder US-Verbündeten, z. B. Israel, Indien oder Pakistan, geschweige denn daran, dass USA und Russland noch immer genügend Atombomben bereithalten, um die Welt mehrfach zu vernichten.
Zur Arena der neuen Zuspitzung wurde die Nato –„Un“sicherheitskonferenz am 6. Februar in München. Während draussen Hunderte Demonstranten gegen die Kriegsdebatten der imperialistischen „Fachpolitiker“ protestierten, drohte drinnen der einflussreiche US-Senator Jo Lieberman dem Teheraner Regime unverhohlen mit einem Militärschlag: „Wir müssen uns entscheiden: Entweder für harte Wirtschaftssanktionen, damit die Diplomatie funktioniert, oder wir stehen vor militärischem Eingreifen“, so Lieberman.
Auslöser für Liebermans Attacke war der überraschende Auftritt des iranischen Außenministers Manuchehr Mottaki. Halb geschmeichelt, halb misstrauisch hatten die anwesenden Politiker und die bürgerlichen Medien diesen Auftritt kommentiert, aber Mottaki war nicht zu Diensten. Er verteidigte die Entscheidung des Landes, zur Urananreicherung überzugehen, da das Land für einen Forschungsreaktor, der 20%ig angereichertes Uran benötige, das Material nicht anders beschaffen könne. Die Produkte des Reaktors seien für die radiomedizinische Behandlung von ca. 850000 Kranken im Iran notwendig. Diese Begründung wird übrigens von niemandem ernsthaft bestritten.
Mottaki erklärte aber, dass der Iran bereit sei zu einer politischen Lösung. Er wollte über einen Vorschlag der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) verhandeln – ihn aber nicht einfach nur annehmen. Der erst kürzlich neu ins Amt gekommene US-nahe IAEA-Chef Yukiya Amano nörgelte daraufhin nach einem Treffen mit Mottaki demonstrativ, ihm sei unklar geblieben, zu welchen Zugeständnissen der Iran wirklich bereit sei.
Seine IAEA hatte vorgeschlagen, zwecks Kontrolle iranisches Uran im Ausland anreichern zu lassen und dann ein Jahr später Brennstäbe für den Forschungsreaktor in Teheran zu liefern. Der Iran wäre dazu bereit, besteht aber darauf, Brennelemente im Falle eines solchen Tauschgeschäfts sofort zu bekommen. Man befürchtet sicher nicht ohne Grund, dass der Westen die Brennstäbe später nicht mehr liefern würde, um wieder Erpressungsdruck aufzubauen und Iran gefügig zu machen zu können.
Wer – vielleicht etwas naiv –  geglaubt hatte, dies sei zwar ein heftiger Streit, aber der Iran habe sich doch verhandlungsbereit gezeigt, also los, verhandelt doch, der sah sich getäuscht!
Mottakis Auftritt wurde als glatter Affront, als Unverschämtheit gewertet. So ticken imperialistische Politiker: Wenn der offizielle Vertreter eines als Aggressionsziel auserkorenen Landes nicht zu Kreuze kriecht, ist das für sie schon die halbe Kriegserklärung!
BRD-Aussenminister Westerwelle noch auf der Konferenz: „Das war keine neue Transparenz und noch kein Einlenken.“ Sein „Verteidigungs“kollege Guttenberg (CSU) brachte weitere Sanktionen ins Spiel. Der Menschenfreund Philipp Missfelder, der als JU-Chef alten Menschen keine Prothesen mehr gönnen wollte, neuerdings als CDU-„Außenexperte“ gehandelt, kritisierte, Mottaki sei in München eine viel zu grosse Bühne dafür geboten worden, um die Weltöffentlichkeit an der Nase herumzuführen. Brav gebrüllt, die Berliner Herren!! Den krönenden Abschluss liefert dann Jo Liebermann mit der eingangs zitierten Drohung!
Wer wie die Bundesrepublik jährlich diese Konferenz zur Diskussion der nächsten Kriegsoptionen ausrichtet, kann sich übrigens nicht davon freisprechen, dass diese Kriegsdrohung auf deutschem Boden erfolgte. Hier ist die BRD ganz klar Täter und nicht Opfer!

Die Drohungen ernst nehmen!

Dass es sich hier nicht um Konferenzgeplänkel handelt, zeigen die nachfolgenden Vorgänge: In ihrer Onlineausgabe vom 3. 2. 2010 veröffentlicht „Welt-Online“ (http://www.welt.de/debatte/kolumnen/Brennpunkt-Nahost/article6237465/Barack-Obama-sollte-den-Iran-bombardieren.html) einen bisher beispiellosen Aufruf zum Angriffskrieg gegen den Iran unter dem Titel: „Barack Obama sollte den Iran bombardieren“. Der republikanische US-Publizist Daniel Pipes macht aus seinen Ansichten keinen Hehl. Er gibt Obama den Rat, seine Popularität durch einen Angriff auf den Iran zu erhöhen. „Günstige Umstände für einen Angriff“ lägen vor. „Er braucht eine dramatische Geste, um seine öffentliche Wahrnehmung als Leichtgewicht, Stümper, Ideologe zu verändern, vorzugsweise in einer Arena, wo der Einsatz hoch ist, wo er die Führung übernehmen und wo er die Erwartungen übertreffen kann.“
An dem Vorgang lässt aufhorchen, dass die „Welt“, ein Blatt der deutschen Reaktion, das Pipes-Manifest weitertransportiert! Das Blatt verlangt damit eine extrem aggressive Position vom deutschen Staat und Imperialismus! Hier positioniert sich zumindest eine Fraktion des deutschen Imperialismus!
US-Außenministerin Clinton entfaltet fieberhafte diplomatische Aktivitäten in den Staaten am persischen Golf. Sie will diese für verschärfte Wirtschaftssanktionen gegen den Iran gewinnen, behauptet aber, keinen Krieg vorbereiten zu wollen. Das ist angesichts der Schärfe der Auseinandersetzung nicht mehr als eine diplomatische Täuschung der Weltöffentlichkeit. Sie übt u. A. massiven Druck auf Saudi-Arabien aus, China eine sichere Ölversorgung zu garantieren, wenn es seine umfangreichen Öl-Käufe im Iran einstellt.
Da kann auch Berlin nicht abseits stehen, auch wenn Deutschland gegenüber der Region ganz eigene Interessen verfolgt, was sich u. A. in der Ablehnung der Bundesregierung einer direkten Kriegsbeteiligung im Irak äußerte. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat laut Spiegel-online vom 25.02.2010 die Bereitschaft zu scharfen Sanktionen gegen Iran bekräftigt und setzt auf eine „international abgestimmte Linie“ im Konflikt um das iranische Atomprogramm. „Die Staatengemeinschaft arbeitet jetzt daran, die Sanktionen zu verschärfen, wenn Iran nicht einlenkt“, so Merkel gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Sie setze im Übrigen darauf, dass auch die bislang skeptischen Staaten Russland und China „Verantwortung zeigten und bei Sanktionen mitmachten“. Aber damit nicht genug: Falls es keine Einigung im Sicherheitsrat gebe, solle Europa allein handeln. „Wir stimmen unser weiteres Vorgehen eng mit der Europäischen Union ab; wir wollen als Europäer alle Schritte gemeinsam unternehmen“, tönt Merkel. Und an die Kapitalunternehmen Deutschlands und Europas gewandt, die so gute Geschäfte mit Iran machen, gab Merkel zu bedenken: Die Kosten eines atomar bewaffneten Iran und die Gefahren eines dadurch möglicherweise ausgelösten Wettrüstens im Nahen Osten seien grösser als diejenigen durch entgangene Geschäfte.
Sie zitiert nur Ex-Außenminister Joschka Fischer. Der mahnte bereits 2007 bei einem Vortrag in Dubai. Nachdem er zunächst von einem Krieg gegen Iran abgeraten hatte, mahnte Fischer beim Umgang mit Irans Atom-Plänen ein konzertiertes Vorgehen aller beteiligten Länder an. „Die ökonomischen Massnahmen treffen Iran sehr hart, wenn ich richtig informiert werde. Wir sollten damit endlich ernst machen.“ Nur so könne man Verhandlungen mit Iran erreichen. Auch Washington müsse zu Verhandlungen mit Teheran bereit sein. „Die USA müssen erkennen, dass Gespräche nicht die Aufgabe unserer Ziele bedeuten.“

Droht Krieg gegen Iran?

Hier schliesst sich der Kreis zu Liebermanns Worten in München. Er sprach ja nicht nur vom Militärschlag, sondern auch davon, dass man sich entscheiden müsste: „ Entweder für harte Wirtschaftssanktionen, damit die Diplomatie funktioniert, oder…“  „Drückt ihnen die Luft zum Leben ab, bis sie verhandeln“, heisst das im Klartext. Auch dieses Konzept ist nackte Aggression! Wenn Clinton jetzt überall betont, man bereite keinen Krieg vor, oder wenn US-Generalstabschef Michael Mullen während eines Besuchs in Israel Bedenken gegen einen möglichen militärischen Angriff auf den Iran äussert, dann beweist das keineswegs friedliche Absichten der USA. Es ist lediglich das Ergebnis vieler Faktoren, die der US-Präsident unter eine Hut bekommen muss. Im Moment sind USA deshalb noch vorsichtig und versuchen, die schwierige Lage zu ihren Gunsten zu verändern. Die Probleme:
* Die Konkurrenz mit den anderen imperialistischen Mächten, die mit den USA um Einfluss und Macht rangeln! Merkel drückt in Richtung Sanktionen und verweist auf Russland und China. Die verfolgen gleichfalls eigene Interessen. Insbesondere China opponiert offen gegen die US-Pläne. Es bezieht riesige Mengen Öl aus dem Iran und ist ein strategisch wichtiger Handelspartner Irans. China stellt Raffineriekapazität für Irans Treibstoffversorgung: „Iranisches Rohöl gegen Diesel aus China“. Aber es arbeitet auch an seiner eigenen imperialistischen Strategie und sucht überall, seine Positionen zu halten und auszubauen, auch im Iran.
*Russland sieht es gleichfalls nicht ein, warum es dem US-Imperialismus helfen soll und betreibt eine hinhaltende Politik gegenüber dem Westen. Nach wie vor versucht es, mit Iran bei der Urananreicherung ins Geschäft zu kommen und verschleppt zur Zeit die Lieferung seit 2005 zugesagter S-300-Luftabwehrraketen an Iran. Hier wird im Hintergrund gefeilscht, welche Gegenleistung Russland für ein Einlenken zu Gunsten des Westens erhält. „Sollte der Iran im Kriegsfall diese Raketen einsetzen, könnten die israelische und die US-Luftwaffe Verluste erleiden, die für sie vielleicht inakzeptabel sein würden.“, so russische Militärexperten. Ein feines Erpressungspotential! So lavieren die USA und ihre Verbündeten in einem verminten Feld. Ein falscher Funke, und die Welt könnte am Rand des ganz grossen Krieges angekommen sein.
* Ein Angriff auf Iran ist eine ganz andere Nummer als der Irak- und der Afghanistankrieg. Bereits 2006 schrieb Arbeit Zukunft (Nr. 2/2006):
„Es bedarf keiner allzu grossen Phantasie, um sich klar zu machen, dass eine Ausweitung des Krieges auf den Iran die Lage des imperialistischen Lagers nur verschlimmern wird.
Iran ist nicht Irak. Das Land ist viermal grösser und hat eine stark wachsende, sehr junge Bevölkerung. Er investiert seine gewaltigen Erdölprofite in die eigene Volkswirtschaft. Die Industrie wächst, und mit ihm das Proletariat. Er verfügt über eine moderne, durch den ersten Golfkrieg erfahrene Armee mit einem Offizierskorps, dessen ältere Generäle neben der Golfkrieg-I-Erfahrung auch eine amerikanische Kriegsausbildung haben und das amerikanische Militärsystem kennen. Jeder Waffengang wird hier nur noch schwieriger als der im Irak.
Und die USA könnten im Lande, wie bereits im Irak, nur auf solche Verbündete setzen, die wegen ihrer Korruption, ihres Neoliberalismus und ihrer Förderung des freien Zugriffs der Besatzer auf die grossen iranischen Bodenschätze sich schon heute den Hass der Massen ausrechnen können, dem sie ggf. ausgesetzt sein werden. Ein Krieg gegen den Iran wird ein noch unkalkulierbareres Abenteuer“.
Das wissen natürlich alle Beteiligten und setzen auf die Destabilisierung des Landes. Der israelische Ministerpräsident Netanjahu fordert Sanktionen, die fühlbar sein müssten, mit anderen Worten: Dort muss das nackte Elend ausbrechen! Die westlichen Mächte versuchen, die innere Opposition, die sich in einer grossen bürgerlich-demokratischen Protestbewegung äussert und massiven Verfolgungen bis hin zur Todesstrafe ausgesetzt sieht, für die eigenen Zwecke zu instrumentalisieren. Aber das erweist sich als schwierig. Von den Führern dieser Bewegung wird zwar eine nachgiebige Haltung erwartet. Aber das ist keineswegs sicher. Im Gegenteil: Verschiedentlich wurde Präsident Ahmadinedschad aus der Opposition als zu nachgiebig im Atomstreit kritisiert! Ausserdem: Je offener Teile der Opposition auf US- und Westinteressen eingehen, desto massiver der Druck des Regimes auf sie, desto schwieriger auch ihre Lage gegenüber grossen Teilen der Bevölkerung! Ausserdem läge zumindest ein begrenzter Militärschlag vielleicht sogar im Interesse des Regimes, würde er doch die Nation fast zwangsläufig einen und der Opposition massiv schaden. Wie gesagt: Der Iran und seine Staats- und Militärführung sind kriegserfahren.
* Immense Schwierigkeiten würde ein Angriff für die Verbündeten Staaten aus der islamischen Welt heraufbeschwören. Die Bevölkerungsmassen dieser Länder stehen dem US-Imperialismus voll Ablehnung und Hass gegenüber. Sowohl im Inneren des Iran als auch unter den Millionenmassen Arabiens, Pakistans, Indonesiens wäre ein Krieg gegen Iran ein Kriegserklärung an sie selbst. Auch in vielen Staaten Afrikas wäre das so. Schon 2006 im bereits zitierten Artikel schrieben wir: „Ein Krieg gegen den Iran wird ein noch unkalkulierbareres Abenteuer. Aus den heutigen Protesten der Massen in zahlreichen Ländern gegen den Imperialismus können Aufstände werden.“
* Ein Krieg gegen Iran würde aber auch die westlichen Verbündeten erfassen und sie zwingen, zumindest zeitweilig ihre eigenen Ambitionen hintanzustellen und Truppen zu schicken. Das wäre dann offensichtlich kein „Friedenseinsatz“. Das würde massiv auch Deutschland betreffen. Das wäre genauso unbeliebt wie bereits jetzt der Afghanistankrieg. Deshalb bemüht sich die Bundesregierung zur Zeit, mit einer massiven Sanktionspolitik davonzukommen.
Deshalb lavieren heute die USA und ihre Verbündeten.
Aber: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Und mit dem unberechenbaren Staat Israel existiert ein tagtägliches Bedrohungspotential für die Völker der Region. So müssen die fortschrittlichen Kräfte in aller Welt sich auf alle Möglichkeiten vorbereiten.
Es ist die Aufgabe aller Kommunisten, aber auch der Friedens- und der Gewerkschaftsbewegung, über die Pläne der imperialistischen Staaten einschliesslich Deutschlands aufzuklären und aktiv an der Verhinderung eines Krieges gegen den Iran zu arbeiten. Dass es gerade auch in Deutschland und anderen imperialistischen Staaten immer wieder massenhafte Antikriegsaktivitäten gab und gibt, ist ein wichtiger Faktor für die Verhinderung auch dieses Krieges.

Das Wichtigste aber ist aktuell, die Politik der Bundesregierung und des deutschen Staates anzugreifen und deutlich zu machen, dass in Berlin keine „armen Opfer“ der US-Politik sitzen, sondern Akteure, die tatkräftig mitmischen an der Erpressung des Iran, des Volkes dort, und all der anderen bedrohten Völker dieser geschundenen Region.                                                      ft