Behr Stuttgart: Kämpferische Kollegen von Behr Stuttgart klagen gegen ihre Kündigung!

Behr, Stuttgart: Proteste gegen EntlassungenEntlassene Behr-Kollegen klagen gegen die Kündigungen! Der Automobil- Zulieferer Behr hat in Stuttgart-Feuerbach das dortige Werk 8 gegen massive und mutige Protestaktionen der Kolleginnen und Kollegen geschlossen. (Arbeit Zukunft berichtete) Den Beschäftigten wurden auf Grund eines von zahlreichen Betroffenen abgelehnten Abkommens zwischen der IG Metall Stuttgart und der Firma Aufhebungsverträge angeboten bzw. ein Übergang in eine Transfergesellschaft, in die so genannte „Mypegasus“, die von der IG Metall-Führung unterstützt wird(!). Das war für viele Betroffene aber der glatte Verrat!

Für 24 der rund 200 Beschäftigten war das auch keine Alternative. Sie klagen gegen ihre Kündigung vor dem Stuttgarter Arbeitsgericht.

„Nach 25 oder 30 jähriger Betriebszugehörigkeit haben wir etwas anderes verdient!“, so die Betroffenen in einer gemeinsamen Erklärung, die der Stuttgarter Metallertreff, ein Zusammenschluss aus der Gewerkschaftslinken, in einem Flugblatt veröffentlichte .„Wir akzeptieren auch nicht, dass es keine Sozialauswahl in Feuerbach gab. Wir akzeptieren nicht, dass in Mühlacker, wohin unsere Arbeitsplätze verlagert wurden, nur 35 Kollegen Arbeitsplätze angeboten bekamen, aber über 140 Beschäftigte befristet neu eingestellt wurden. Wir sind auch weiterhin empört, dass wir den Betrieb verlassen mussten, obwohl 2010 wirtschaftlich sehr erfolgreich für Behr war.“

Unter dem Titel „Wir Metaller/innen wollen nicht die Opfer für neue Profite sein“ brachte der Metallertreff dieses Flugblatt anlässlich des bundesweiten Aktionstages der IG Metall gegen Leiharbeit und prekäre Beschäftigung am 24. Februar 2011 heraus. Es wurde zu Tausenden sowohl auf der -Großdemo gegen das Stuttgart-21-Projekt am 19. Februar sowie am Aktionstag selbst vor den Betrieben verteilt. Es enthält auch ein Interview.

 

Interview mit einem älteren Behrkollegen

Die Interview-Äußerungen eines gefeuerten Behr-Kollegen, der schließlich doch zu Mypegagus gegangen ist, sprechen Bände:

Metallertreff: „Wie siehst du die Rolle der IGM im Zusammenhang mit der Transfergesellschaft Mypegasus?“

Der Kollege: „Sehr negative Rolle und keine Unterstützung bei offenen Fragen mit der Transfergesellschaft!“

„Es ist ja bekannt, dass die Belegschaft vom Werk 8 den Gang in die Transfergesellschaft bis zuletzt abgelehnt hat. Was war der Knackpunkt, dass ihr euch doch dafür entschieden

habt?“

„Der Knackpunkt war, dass wir von der IGM keinerlei Unterstützung bekommen haben und die Aussichten auf Erfolg sowohl vom BR als auch von der IGM auf null reduziert wurden. Das war der Grund. Andererseits gab es die Zusage der IGM und des Gesamtbetriebsrats, dass wir bei Neueinstellungen vorrangig behandelt würden, was jedoch bis jetzt in keinem Fall passiert ist.

Bekanntlich sind bei Behr in Mühlacker(ca. 40 km entfernt von Stuttgart Feuerbach) 140 Befristete eingestellt worden. Was sagst du dazu?

„Was soll ich sagen. Das ist eine Sauerei von allen Seiten. Können sich die BR-Kollegen von Mühlacker nicht an die Zusagen erinnern?“

Wie fühlt ihr euch als Ex-Behr-ler ausgerechnet bei der Behr-Firma Thermotronik in Kornwestheim als Leiharbeiter beschäftigt zu werden?

„Als Fremdkörper. So wurden wir auch behandelt!“

Was hältst du davon, dass einige deiner Kollegen gegen die Entlassung klagen?

„Die Entscheidung der Kollegen finde ich sehr mutig und richtig. Ich hoffe, dass das Argument vom Arbeitgeber, das Werk 8 als eigenständigen Betrieb zu behandeln und in Folge dessen am Standort unter den Beschäftigten keine Sozialauswahl getroffen zu haben, sich als rechtswidrig erweist.“

Sollen diese Kollegen unterstützt werden?

„Auf jeden Fall. Und ich hoffe, dass die Firma Behr und der neue Besitzer Mahle sich zu einer vernünftigen Lösung im Sinne der Kollegen entscheiden. Nämlich für die Weiterbeschäftigung der Kollegen.“

Glaubst du, dass der BR und die IGM ihre Möglichkeiten voll ausgeschöpft haben beim Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze? Wenn nicht, was hätten sie tun sollen(können)?

„Mein Eindruck ist, dass sowohl der Betriebsrat als auch die IG Metall einen Deal auf Kosten der Werk-8-Belegschaft aushandelten in der Hoffnung, die verbliebenen Kollegen gesichert zu haben. Somit kann ich als Betroffener nicht zufrieden sein. Nachdem bereits 2010 erkennbar war, dass die Auftragslage wieder ansteigt, hätte man doch mindestens allen Kollegen, die es wollten, einen Alternativarbeitsplatz in der Region, also in Mühlacker anbieten können und müssen.“

 

Solidarität ist weiter notwendig!

Bitter für die betroffenen Kollegen, die vor der Schließung hohe Kampfbereitschaft bewiesen hatten: Die ansteigende Auftragslage 2010 hätte ihnen auch eine ökonomische Kampfkraft gegeben. Ein Streik gegen die Schließung von Werk 8 wäre nicht aussichtslos gewesen. Aber die IG Metall Stuttgart hat alle Kampfansätze abgewürgt.

Der Prozess gegen Behr findet am 2. März um 11:00 Uhr im Arbeitsgericht Stuttgart, Johannesstraße 86 statt. Er ist selbstverständlich öffentlich.

Wir rufen alle Kolleg/innen sowie alle Freunde und Sympathisanten unserer Zeitung auf, die Behr-Kollegen durch eine Teilnahme an der Verhandlung solidarisch zu unterstützen. Und:

Kommt vor der Gerichtsverhandlung auch zur Kundgebung um 10 Uhr vor dem Arbeitsgericht Stuttgart! Unsere Parole: Gegen Entlassungen, Arbeitsplatzabbau, Leiharbeit!

 

Quelle: Flugblatt „metallertreff info für die region stuttgart / 24. Februar 2011. Wir Metaller/innen wollen nicht die Opfer für neue Profite sein!“ Kontakt: metallertreff@yahoo.de

 

ft