Der Aussperrung standhalten: Die dänischen Lehrer wehren sich!

Die Lehrer sind zuerst dran- wer wird folgen? Demonstration, 20.3., in Kopenhagen noch vor der AussperrungVon Kommunistisk Politik International (Internetzeitung der Kommunistischen Arbeiterpartei Dänemarks – APK)

 

Seit dem 1. April haben die dänischen Schulen aufgehört zu funktionieren. Die ganzen öffentlichen Grundschulen sind nur ca. fünf Wochen vor den jährlichen Examen geschlossen.

Vier von fünf Lehrern wurden von den Arbeitgebern, den Kommunen und dem Staat, ausgesperrt. Sie führen einen großartigen Kampf gegen einen wilden neoliberalen Angriff gegen sie und das gesamte öffentliche Schulsystem. Die Aussperrung ist eine Terrorwaffe der Arbeitgeber, der Monopole und wird nun in der umfangreichsten Sanktion, die je gesehen wurde, gegen die öffentlich Beschäftigten benutzt.

Rund 70.000 Lehrer, Mitglieder der Dänischen Lehrergewerkschaft und zwei kleinerer Lehrergewerkschaften von Spezialschulen wird nicht erlaubt zu arbeiten. Ungefähr 700.000 Schüler haben keinen Unterricht.

Dänemark hat etwas mehr als 5,5 Millionen Einwohner. Somit ist jede Familie direkt oder indirekt von der Aussperrung betroffen.

Die öffentlichen Arbeitgeber fordern, dass die Lehrer zukünftig mehr in den Klassen unterrichten sollen und die Vorbereitungszeit gekürzt werden soll. Dazu soll diese nicht durch die Arbeitsverträge geschützt sein. Allein der örtliche Chef soll die Arbeitszeit der Lehrer festlegen.

Schon viele Jahre versuchen die Arbeitgeber, die Arbeitszeitregelungen der Lehrer zu zerstören. Wegen der Ferien habe diese eine 42-Stunden-woche, aufgeteilt in Unterricht, Vorbereitungszeit, Auswertung der Schülerarbeiten, Koordinierung, Elterngespräche usw. Nun sollen die Bedingungen allein vom Rektor festgelegt werden.

„Schluss mit der Aussperrung! Weg mit dem Diktat!“ Demonstration vor dem Sitz der öffentlichen Arbeitgeber in KopenhagenSo erhoffen sich die Arbeitgeber, Kommunen und Staat, dass sie weniger Lehrer benötigen und tausende entlassen können. In den letzten paar Jahren haben bereits tausende ihre Arbeit verloren.

Tatsächlich hat die Regierung – eine so genannte Mitte-Links-Koalition angeführt von dem Sozialdemokraten Helle Thorning-Schmidt – angekündigt, dass die mehr Unterrichtsstunden eine vorgeschlagene neoliberale Reform des Grundschulsystems finanzieren sollen, dass dieses mehr an das System in den herrschenden Länder in der EU annähern soll.

Die Arbeitskraft der Zukunft soll lernen, was richtige Arbeitszeit ist und daher in den höchsten Klassen 37 Unterrichtsstunden pro Woche von 8:30 bis 15:30 Uhr haben. Die durchschnittliche Stundenzahl in den Schulen soll in allen Altersstufen dramatisch ausgedehnt werden. Gegenwärtig endet die Schule am früher, sodass die Kinder nachmittags an verschiedenen Aktivitäten, Sport, Freizeit teilnehmen können.

Die Dänische Lehrergewerkschaft hat ihren Gegnern bei den Tarifverhandlungen mehrere Kompromisse angeboten, die jedoch einfach vom Tisch gewischt wurden. Sie sollten ein Diktat akzeptieren oder es drohte die Aussperrung.

Die Aussperrung begann am 1. April und hat für die Schüler und ihre Familien viele Probleme geschaffen. Die öffentlichen Arbeitgeber planen, einen Gesetz zu verabschieden, dass den Lehrern die Bedingungen diktiert, die diese bei den Verhandlungen abgelehnt haben. Die Lehrer fordern, dass dieses Diktat zurückgezogen wird, um den Weg für Verhandlungen frei zu machen.

Bereits mit dem ersten Tag haben die Lehrer großartig gekämpft, um die Unterstützung der Bevölkerung zu gewinnen, und sie waren dabei erfolgreich. Sie werden von einer klaren Mehrheit unterstützt – sowohl in ihren Forderungen wie auch bei der Zurückweisung der vorgeschlagenen Schulreform.

Sie haben die sozialen Medien in einer Weise, wie nie zuvor gesehen, genutzt, Videos von ihren Aktionen gedreht, über Facebook mobilisiert usw. Die teuren, professionellen Anzeigenkampagnen ihrer Gegner waren gegenüber dieser Massenkampagne wirkungslos.

Aber darüber hinaus haben sie sich in kreativen und bunten Massenkundgebungen sowohl lokal wie national gezeigt. Eine solche lokale Aktion wurde von 200 Lehrern in der kleinen Stadt Silkeborg durchgeführt: sie schwammen durch einen gefroren See, um den Tarifgegnern zu signalisieren, das „Eis zu brechen“ und wieder Verhandlungen aufzunehmen. Oder es wurde die größte Menschenkette, die je in Dänemark gesehen wurde, über 31 Kilometer von Roskilde nach Kopenhagen gebildet. Oder 5000 Lehrer schmissen ihre Bücher bei Falshmob vor das Rathaus in Kopenhagen.

Hier dazu Videos:

Breaking the ice
mja.dk

Human chain, reading and torch light demo
Activiets of April 9th

Flash mob video: 5000 teachers loosing their books on the Town Hall Square Copenhagen

Und natürlich haben sie Demonstrationen organisiert, die mit einer nationalen Demonstration vor dem Parlament am 11. April ihren Höhepunkt fanden. Die zentrale Parole lautete: „Die Lehrer sind zuerst dran – wer wird der nächste sein?“ Damit sollte klar gemacht werden, dass dies nur der Anfang in einer neoliberalen Serie von Angriffen auf den öffentlichen Dienst und seine Beschäftigten ist.

Mehr als 100.000 Menschen nahmen an der Demonstration am 11.4.13 teil. Sie war damit nicht nur der größte Massenprotest gegen die derzeitige Regierung sondern auch eine der größten Demonstrationen, die es jemals direkt vor dem Parlament gab.

Der Vorsitzende der Lehrergewerkschaft, Anders Bondo Kristensen, meinte vor den Massen mit Bezug auf die Regierung und ihre neoliberalen Positionen: „Wir haben die Nase voll von eurer technokratischen Herrschaft. Wenn ihr das nicht kapiert, dann werden wir euch wegtreten!“

Ein Video von der Demonstration gibt es hier: http://www.youtube.com/watch?v=JIoB4C4Jvsw&list=PL347731B5251D493C

Mehr Fotos von den Aktionen gibt es hier: http://kpnet.dk/artikler/indland/13/0411_demo_slotspladsen.html

Die Lehrer haben ihren Kampf zum machtvollsten Arbeitskampf seit vielen Jahren entwickelt und damit der neoliberalen Regierung, die schon viele Probleme hat, große Schwierigkeiten bereitet. Die Popularität der Sozialdemokratischen Partei liegt bei einem historischen Tiefpunkt von 15-17 %.

Als nach einer Periode offen bürgerlicher Regierungen (von Anders Fogh Rasmussen und Lars Løkke Rasmussen) 2011 eine neue Regierung gebildet wurde, hofften viele, dass diese die neoliberalen Reformen beenden würde, die zuvor von den liberalen Parteien betrieben wurden. Stattdessen hat sich das Tempo der gegen die Arbeiter und die Jugend gerichteten Reformen erhöht.

Die Aussperrung und die Schulreform und die ganze neoliberale Reformagenda der Mitte-Links-Regierung wird von der parlamentarischen ‚Opposition‘, den früheren Regierungsparteien und den Unternehmerverbänden unterstützt. Auch einige Industriegewerkschaften unterstützen die Regierung offen gegen die Lehrer. Doch diese haben die Unterstützung aller Gewerkschaften im öffentlichen Dienst, der Schüler, der Eltern und der einfachen Menschen.

Die Kommunistische Arbeiterpartei Dänemarks – APK nimmt aktiv an dem großen Kampf der Lehrer teil. Die Partei hat die Schulreform ebenso wie die anderen neoliberalen Reformen verurteilt und ruft zur Bildung einer breiten Volksbewegung dagegen auf. Ebenso ruft sie zur Schaffung einer populären und revolutionären Alternative zu den liberalen und sozialliberalen Parteien und Regierungen auf.