Korrespondenz: Vier Whistleblower seit 15 Jahren politische Gefangene der USA

Seit Beginn der »Prism«-Affäre um den ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, in deren Verlauf immer mehr Details über die staatlichen Überwachungsprogramme zahlreicher imperialistischer Hauptmächte, allen voran der USA, ans Licht gebracht worden sind, ist der Begriff »Whistleblower« wieder in aller Munde. Whistleblower (sinngemäß: Informanten) leben gefährlich, denn sie entlarven kriminelle Aktivitäten, die, wenn nicht gar von den Herrschenden selbst verübt, so doch zumindest von ihnen gefördert oder geduldet werden.

Am jungen amerikanischen Unteroffizier Bradley Manning, der der Enthüllungsplattform »WikiLeaks« Datenmaterial über US-Kriegsverbrechen im Irak zuspielte, wurde nun ein Exempel für andere Whistleblower statuiert: er wurde zu fünfunddreißig Jahren Haft verurteilt. Für Manning machen sich weltweit Millionen Unterstützer stark, die seine grausame Bestrafung verurteilen und Freiheit für ihren Helden fordern. Zahlreiche Medien berichteten hierüber lang und breit. Ein anderer, ebenso skandalöser Fall erhält jedoch kaum mediale Aufmerksamkeit, obwohl auch hier Whistleblower in einer Justizfarce dafür bestraft worden sind, gegen Terrorismus vorgegangen zu sein: Die Rede ist von den »Miami Five«. Miami ist bekanntlich der Hort jener »exilkubanischen« Mafia, die nach der Revolution von 1959 die Insel verlassen hatte, um im neunzig Meilen entfernten US-Bundesstaat Florida den Sturz der antiimperialistischen Castro-Regierung zu planen – selbstverständlich mit großzügiger Unterstützung der US-Administrationen. Nach dem kläglichen Scheitern der Söldnerinvasion in der Schweinebucht (1961) griffen die Kuba feindlich gesonnenen Kreise zur Methode des unverhüllten Terrorismus: so konnten einzelne Gruppen wie auch international gesuchte Verbrecher wie Orlando Bosch und Luis Posada Carriles von US-amerikanischem Boden aus ungehindert Anschläge durchführen, die bis 1999 insgesamt 3.478 Kubaner das Leben kosten und 2.099 zu Invaliden machen sollten.

Die erwähnten »Miami Five« – es handelt sich hierbei um Antonio Guerrero, Fernando González, René González, Gerardo Hernández und Ramón Labañino – sind fünf kubanische Kundschafter, die in den 90er Jahren antikubanische Terrororganisationen in Miami gewaltfrei unterwanderten, deren Tätigkeit auskundschafteten und gewonnene Informationen nach Hause weitergaben, wodurch es ihnen gelang, bis 1998 insgesamt 170 Terrorakte zu verhindern. Freilich ohne laut zu sein, konspirativ arbeitend, waren auch sie Whistleblower, deckten sie doch kriminelle Umtriebe auf, über die die Herrschenden der USA ihre schützende Hand gehalten hatten.

Am 12. September 1998 wurden die fünf Aufklärer verhaftet. In »einem äußerst unfairen Prozess«, wie selbst »Amnesty International« zugab, legte die US-»Justiz« ihnen ihre Friedensarbeit als Spionage aus – obwohl die kubanischen Behörden die Erkenntnisse der Fünf, die einzig in »exilkubanischen« Strukturen gewirkt hatten, im Juni 1998 der US-amerikanischen Bundespolizei FBI selbst vorgelegt hatten und ein Berufungsgericht 2005 offiziell feststellen sollte, die Fünf hätten keinerlei geheime Informationen gesammelt und könnten deswegen auch nicht Spione genannt werden. Die Fünf wurden schließlich in Miami, der Hochburg der »Exilkubaner«, zu überlangen Haftstrafen verurteilt, während die antikubanischen Terrorbosse Bosch und Posada Carriles, abgesehen von einem unmaßgeblichen Verfahren gegen letzteren – allerdings wegen Verstößen gegen das Einwanderungsrecht der USA –, unbehelligt blieben.

»Die Verhaftung der Fünf«, so der Leiter des kubanischen Universitären Netzwerks zur Solidarität mit den Fünf, »ist als Angriff auf ganz Kuba gemeint und wird von uns auch so verstanden« – dieser Angriff auf den nunmehr fünf Jahrzehnte anhaltenden Widerstand Kubas gilt allen antiimperialistischen Kräften. Daher die Forderung: Freiheit für die »Miami Five« – jetzt!, eine Forderung, die auch von Intellektuellen wie Noam Chomsky, Günter Grass und Elfriede Jellinek, von der Menschenrechtsaktivistin und Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú sowie renommierten Künstlern wie Danny Glover, Sean Penn, Martin Sheen, Oliver Stone und Benicio del Toro unterstützt wird. René González ist inzwischen wieder ein freier Mann – wenngleich erst nach vollständiger Verbüßung seiner offiziellen Haftstrafe – und im Mai dieses Jahres nach Kuba zurückgekehrt. Er sagt jedoch: »Ich bin in Kuba, aber wir sind weiterhin die Fünf«.

Am 12. September 2013 sind Antonio Guerrero, Fernando González, Gerardo Hernández und Ramón Labañino insgesamt anderthalb Jahrzehnte ungerechterweise eingekerkert. Nur die internationale Solidarität kann die vier Helden befreien – aus diesem Grunde ruft das Netzwerk Cuba, ein Zusammenschluss von Kuba-Solidaritätsorganisationen in der BRD, anlässlich der europäischen Aktionstage für die Freiheit der »Miami Five« vom 12. September bis 6. Oktober zu einer breiten, bundesweiten Aktions- und Informationswelle auf, um die Mauer des Schweigens über den Fall zu durchbrechen. Mehr Informationen gibt es auf

www.netzwerk-cuba.de/aktionstage-2013/articles/aufruf-zu-aktionswochen-2013.html

und

www.miami5.de. •

 

*Buchempfehlungen: *

 

* Solidaritätskomitee ¡Basta Ya! (Hrsg.), *Die USA und der Terror. Der Fall

der »Cuban Five«*, Böklund 2007.

 

* Stephen Kimber, *What lies across the water: The real story of the Cuban

Five*, Kanada 2013.