CDU/CSU- und SPD-Regierung bringt Sozialabbau und Auslandseinsätze der Bundeswehr

Stuttgart, 15.10.12: Protest gegen das Finanzkapital

Nach einer kurzen Schampause bei der SPD zur Beruhigung der Basis war sich die Führung sehr schnell einig: Wir „übernehmen Verantwortung“, wir sind „regierungsfähig“. So laufen derzeit die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD.

Mit den Mehrheitsverhältnissen im Parlament und dem Wahlergebnis hat das nichts oder wenig zu tun. Denn im Parlament gäbe es eine andere Mehrheit aus SPD, Grünen und Linken. Doch eine solche Koalition ist nach Äußerungen aus der SPD nicht „regierungsfähig“, weil die Linkspartei (noch) nicht bereit ist, Kriegseinsätze zu unterstützen.

Hier zeigt sich deutlich, welche Prioritäten die SPD setzt:

Regierungsfähig ist für sie gleichbedeutend mit kriegsfähig!

Mit Grünen und Linkspartei ließe sich sofort ein gesetzlicher Mindestlohn oder eine Bürgerversicherung bei Rente und Gesundheit durchsetzen. Angeblich liegt der SPD das ja am Herzen. Doch die Bereitschaft, Kriege mitzumachen, ist der SPD wichtiger als selbst ein magerer Mindestlohn von 8,50 Euro/Stunde.

Nun sind konstant rund zwei Drittel der Bevölkerung gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr – trotz der ständigen Propaganda, dass die Bundeswehr in aller Welt „hilft“, „Demokratie bringt“, ja geradezu ein einziges Sozialunternehmen ist. Die Menschen wollen keinen Krieg!

Was bedeutet also „regierungsfähig“ für die SPD?

Regierungsfähig im Sinne der Interessen des Volkes, der Arbeiter/innen und Angestellten kann es ja nicht sein! Regierungsfähig bedeutet für die SPD, die Interessen der herrschenden Klasse zu vertreten. Denn diese hat Interesse am Krieg: an den Rohstoffen und Märkten, an strategischen Positionen, am Einfluss und natürlich am Verkauf von Rüstungsgütern, an den notwendigen Krediten für diese Vernichtungs- und Mordinstrumente, am „Wiederaufbau“ der zerstörten Länder, an den dafür notwendigen Krediten, an der Ausplünderung der dann völlig abhängigen Länder. Das ist ein gutes Geschäft, das von der Masse der Menschen aus den ihnen abgepressten Steuergeldern finanziert wird und für das dann noch die Söhne und Töchter sterben müssen. Daher ist die überwältigende Mehrheit unseres Volkes gegen Krieg! Die überfallenen Länder, die noch unvergleichlich mehr Opfer bringen, werden sowieso nicht gefragt.

Für eine „Regierungsfähigkeit“ in diesem Sinne ist die SPD bereit, alle ihre Wahlversprechen zu brechen. Steuererhöhungen für die Reichen? Ab in den Mülleimer! Soziale Gerechtigkeit? Weg damit! Mindestlohn? Da finden wir schon einen löcherigen, windigen Kompromiss mit der CDU/CSU, den wir laut als Erfolg anpreisen!

Die Koalitionsverhandlungen laufen praktisch geheim ab. Denn über Inhalte wird nicht gesprochen, wird nicht informiert. Ein paar Brocken werden an die Medien weitergereicht, damit der Eindruck entsteht, die SPD kämpfe tapfer für einen Mindestlohn und die CDU/CSU ebenso tapfer gegen Steuererhöhungen. Was wirklich vereinbart, was real verhandelt wird, davon erfährt man nichts. Es wird nur ein wenig Stimmung gemacht, um die Wähler und Mitglieder zu beruhigen. Doch warum werden die Inhalte verborgen? Wer hat Geheimverhandlungen nötig?

Es ist klar: Die tiefe Krise des Kapitals ist noch lange nicht vorbei. Die deutsche Wirtschaft leidet immer deutlicher darunter, dass sie viele ihrer Konkurrenten kaputt gemacht hat und nun deren Bestellungen fehlen. Die deutsche Wirtschaft leidet darunter, dass die Menschen in den verarmten Staaten wie Griechenland, Portugal, Spanien, Italien sich fast nichts mehr leisten können. Der Absatz stagniert. Dazu ist auch der deutsche Staat hoch verschuldet, auch wenn Merkel, Schäuble und andere mit langem Finger immer auf die anderen weisen. Wo? Bei den Banken, beim Finanzkapital! Für diese hat er massiv Rettungskredite aufgenommen und an diese weitergereicht. Für diese hat er massive Kredite zur „Eurorettung“ aufgenommen und diese dann über die von den Banken ruinierten Schuldnerstaaten an die Banken weitergereicht. Doch der Zahltag steht vor der Tür! Die Banken und das Finanzkapital wollen nach all den Rettungsaktionen zu ihren Gunsten ihre Kredite zurückgezahlt haben.

Da mittlerweile klar ist, dass es mit CDU/CSU und SPD keine Steuererhöhungen für die Reichen geben wird und diese damit frei gestellt werden und weiter in Ruhe ihr Geld scheffeln können, muss jemand anderes bezahlen! Und wer? Die Arbeiter und Angestellten, die Jugend, die Erwerbslosen, die Rentner!

Das wird bereits jetzt sichtbar.

Beispiel 1: Rentenversicherung

Bereits Anfang 2013 wurde der Rentenversicherungsbeitrag von 19,6 auf 18,9% gesenkt. Statt eine dringend notwendige Erhöhung der Rentenzahlung vorzunehmen, um die ständig steigende Altersarmut wenigstens zu verringern, wurde eine „Entlastung“ gefeiert. Für den einzelnen Arbeiter oder Angestellten bedeutete das 6 bis 7 Euro im Monat mehr in der Tasche. Das wurde als Riesenerfolg gepriesen. Doch bedeutet das auch später erheblich weniger Rente. Die Arbeiter und Angestellten müssen dieses „Geschenk“ also teuer bezahlen! Für das Kapital bedeutete die Senkung 3,2 Milliarden Euro reale Entlastung – also Senkung der Löhne! Denn: Senkung der so genannten Lohnnebenkosten bedeutet nichts anders als Senkung der Löhne! Für 2014 ist bereits eine erneute Senkung der Rentenbeiträge auf 18,4% geplant. Das wären dann wieder rund 2,3 Milliarden Entlastung für das Kapital und ein selbst bezahltes, teures „Geschenk“ für die Arbeiter und Angestellten.

Beispiel 2: Hartz IV

Hinter den Kulissen finden Verhandlungen zwischen Bundesregierung und allen Bundesländern über eine „Reform“ zur „Vereinfachung des passiven Leistungsrechts – einschließlich des Verfahrensrechts – im SGB II“ statt. (Ausführlich dazu: http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/massive-verschaerfungen-bei-hartz-iv-geplant-90015855.php und http://www.harald-thome.de/media/files/ASMK-Rechtsvereinfachungen-SGB-II—27.09.2013.pdf)

Die ersten Ergebnisse: massive Verschärfungen und Kürzungen zu Lasten der Hartz IV-Empfänger. So soll die Förderung von Menschen, die sich selbständig machen, um aus Hartz IV-Abhängigkeit heraus zu kommen, deutlich beschnitten werden. Wohnt jemand mit einem Hartz IV-Empfänger zusammen, so soll in Zukunft automatisch davon ausgegangen werden, dass dieser den Hartz IV-Empfänger unterstützen muss. Die Zahlungen sollen dementsprechend gekürzt werden. Die Beweislast liegt dann nicht mehr beim Jobcenter sondern umgekehrt bei dem Hartz IV-Empfänger. Bei Alleinerziehenden soll der bisherige Mehrbedarf für nicht erwerbstätige Frauen gestrichen und für die erwerbstätigen pauschaliert, d.h. gekürzt werden. Gleichzeitig werden die Klagemöglichkeiten gegen Entscheidungen der Jobcenter drastisch eingeschränkt. Das wird als „Verwaltungsvereinfachung“ präsentiert. Und wie wenig erstaunlich: Alle Länder, ob SPD-geführt oder CDU/CSU-geführt sind sich mit der Bundesregierung bei der Schröpfung der Ärmsten einig. Mit der geplanten Großen Koalition lässt sich diese Gesetzesänderung weitgehend geräuschlos durchziehen.

Wer solches plant, hat natürlich Geheimverhandlungen dringend nötig! Nach außen werden dann kleine Bonbons wie ein löcheriger Mindestlohn verteilt, während gleichzeitig alles getan wird, um die Reichen reicher zu machen und die Armen zur Kasse zu bitten.

Eine Große Koalition bedeutet für die arbeitenden Menschen in diesem Land nichts Gutes! Daher ist es dringend notwendig den Widerstand gegen Kürzungen im Gesundheitswesen, bei der Bildung, bei den Renten, bei den Löhnen, bei den Arbeitslosen zu stärken und zusammen zu fassen. Leider muss damit gerechnet werden, dass bei einer Großen Koalition die Führungen der Gewerkschaften, die eng mit der SPD und teilweise mit der CDU/CSU verbunden sind, diesen Widerstand bremsen und kanalisieren werden. Das wird den Kampf in und mit den Gewerkschaften schwieriger aber auch heftiger machen. Alle fortschrittlichen, klassenkämpferischen und revolutionären Kräfte innerhalb der Gewerkschaften müssen deshalb mit aller Kraft die Forderungen der Arbeiter und Angestellten zum Ausdruck bringen und dafür innerhalb und außerhalb der Gewerkschaften mobilisieren.

Es ist zu hoffen, dass die Beteiligung der SPD an der Großen Koalition sie weiterhin in Misskredit bringt und ihre Anhängerschaft weiter schrumpfen lässt. Die SPD ahmt die FDP nach, die für eine Regierungsbeteiligung alles getan und alles aufgegeben hat. Das Ende ist bekannt. Doch um zu verhindern, dass dieser Abbau bei der SPD etwa den Grünen, die bereits auf CDU- und Unternehmer-Kurs getrimmt werden, oder gar rechten Parteien wie der AfD oder, noch schlimmer offen faschistischen Parteien wie der NPD zugute kommen, ist es dringend notwendig, dass sich alle fortschrittlichen, klassenkämpferischen und revolutionären Kräfte zu einer breiten Front gegen Sozialabbau, Niedriglöhne, Arbeitslosigkeit, Faschismus und Krieg zusammenschließen. Es ist nötig, dass sie trotz aller Unterschiede in einzelnen Fragen einen gemeinsamen Weg des Kampfes finden, der die Menschen vereint und dem Widerstand Kraft verleiht.

Von entscheidender Wichtigkeit aber ist eines: Die fortschrittlichen, klassenkämpferischen und revolutionären Kräfte, insbesondere wir Kommunisten haben die Aufgabe, das Bewusstsein unter den Arbeitern und Angestellten in einem wesentlichen Punkt zu stärken und entwickeln: Jede weitere Schröpfung der sowieso schon Ärmsten, der Hartz IV-Empfänger, der Alten, der in die Altersarmut getriebenen liegt in keinster Weise in ihrem Interesse, auch wenn viele das leider noch anders sehen. Diese sollten wissen: Wer Merkels Armutspolitik in Griechenland beklatscht, lädt sie und ihre Unterstützer, unsere Reichen und Herrschenden hier in Deutschland, nur ein, es mit uns genauso zu treiben!

Deshalb: Für alle Angehörigen der Arbeiterklasse und der ihnen nahestehenden Schichten ist klar: Jeder Einschnitt bei den vom Kapital arm und „überflüssig“ gemachten Menschen verzigfacht sofort, unverzüglich und unvermeidlich den sowieso schon massiven Druck auf die eigenen Lebens- und Arbeitsverhältnisse! Runter mit den Löhnen, rauf mit den Arbeitszeiten, Flexibilisierung ohne Schranken, weiter runter mit den Renten, Gesundheitsversorgung unerschwinglich und zusammengestrichen! Ein organisierter und gemeinsamer Kampf gegen diese sich abzeichnende Kahlschlagpolitik einer Rot-Schwarzen Koalition ist unverzichtbar, da müssen wir uns auch gegen all die Bremser an den Gewerkschaftsspitzen durchsetzen! Sonst wird das Kapital alle immer weiter herunter drücken und in die Armut treiben. So steht die Aufgabe der nächsten Jahre!