Gefahrlose Gentechnik?

Genfood - nein danke!

Der Kampf gegen das geplante Freihandelsabkommen hat sie wieder angefacht, die Diskussion um die „Gefahr vom Acker“. Wir wollen daher in diesem Artikel auf einige grundlegende Fakten der Vererbungslehre (Genetik) eingehen und sie gegen die Gentechnik abgrenzen.

Warnungen vor den Gefahren der Gentechnik werden oft mit dem Hinweis abgetan, „der Mensch“ habe „schon immer“ durch Kreuzungen verschiedener Pflanzensorten oder Tierrassen oder durch das Pfropfen in die Vererbung eingegriffen. Nur: beides hat mit Gentechnik nichts zu tun.

Beim Pfropfen wird der Ast einer (meist) Obstsorte auf den Stamm einer anderen Sorte so gepflanzt, dass die Gefäßsysteme beider Sorten verbunden sind. Der Stamm A versorgt dann den aufgepfropften Ast B zwar mit seinen Nährstoffen, aber nicht mit seinem Erbgut. Frucht B hat dann einen anderen Geschmack oder andere gewünschte Eigenschaften, aber das Erbgut B wird nicht verändert. Ein Baby, das statt mit Muttermilch mit Kuhmilch gestillt wird, übernimmt ja dadurch kein Erbmaterial der Kuh…

Der Beginn der Vererbungslehre lässt sich auf das Jahr genau festlegen. In Jahr 1900 veröffentlichten in Österreich der Biologe Tschermak, in den Niederlanden der Biologe de Vries und in Deutschland der Biologe Correns dieselben unabhängig voneinander gemachten wissenschaftlichen Ergebnisse ihrer Arbeit. Einigen anderen Wissenschaftlern kam das bekannt vor und es stellte sich heraus, dass ein gewisser Gregor Mendel 35 Jahre vorher zu denselben Ergebnissen gekommen war. Nur damals fanden sie kaum Beachtung und gerieten in Vergessenheit. Das war nun 1900 anders, die zunehmende Zahl der Weltbevölkerung hatte die Gewinnung von Kenntnissen über die Vererbung notwendig gemacht, um die Ernteerträge zu steigern. Nun wurden auch die Verdienste Gregor Mendels erkannt und die wichtigsten Regeln der Vererbung sind seitdem als Mendelsche Regeln bekannt.

Die Pflanzen- und Tierzüchter führen nur etwas durch, was in der Natur auch stattfindet: sie kombinieren innerhalb einer Art das Erbmaterial. Das findet in der Natur bei allen Pflanzen- und Tierarten bei der geschlechtlichen Fortpflanzung statt: Ei- und Samenzelle bringen bei der Befruchtung unterschiedliches Erbmaterial zusammen. Das Ergebnis beim Menschen ist bekannt: von den derzeit auf der Erde lebenden mehr als 7 Milliarden Menschen hat – außer den eineiigen Geschwistern – jeder ein anderes Erbgut, einen anderen „genetischen Fingerabdruck“. Das gilt übrigens nicht nur für den Menschen, sondern auch für alle anderen Tierarten, auch für Pflanzenarten. Nur Individuen, die durch ungeschlechtliche Vermehrung entstehen (Teilung, Ableger) haben das gleiche Erbgut.

In der Gentechnik wird allerdings etwas durchgeführt, was es in der Natur eigentlich nicht gibt: das Einbringen von Erbgut einer Art in das Erbgut einer anderen Art, d.h. die Artschranke wird durchbrochen. Die Grundlagen dafür wurden erst 1944 gelegt mit der Erkenntnis der Bedeutung der DNS als Trägerin der Erbinformationen; es dauerte dann auch noch etliche Jahre, bis die notwendigen Techniken entwickelt waren – und seitdem drohen in unserem Gesellschaftssystem, dessen wirtschaftliche Ausrichtung die Profitmaximierung ist, unbekannte Gefahren durch die Gentechnik, also nicht „schon immer“.

Gentechnik birgt große Gefahren

Eine Neukombination von Erbmaterial (Chromosomen mit DNS) findet in der Natur bei allen Lebewesen statt und garantiert das Überleben der Art, die sich so an veränderte Umweltbedingungen anpassen kann. Hätten alle Individuen einer Population dieselben Erbanlagen, wären sie durch eine Umweltveränderung alle gleichermaßen betroffen. Eine Übertragung von DNS-Abschnitten einer Art auf eine andere wird aber in der Natur mit zahlreichen Methoden verhindert (sie ist nur von einigen Virenarten bekannt). Wir nennen nur einige Beispiele als Beleg: unterschiedliche Paarungszeiten, Paarungsverhalten usw. bei Tieren; viele Pflanzen- und Tierarten geben ihre Fortpflanzungszellen ins freie Wasser ab oder in die Luft; trifft durch die Strömung die Samenzelle der einen Fischart auf die Eizelle einer anderen Fischart (oder gar einer Muschel!), so entsteht daraus gar nichts. Beim Pollenflug im Frühjahr landen zahlreiche Pollenkörner auf den Blüten anderer Pflanzen und sterben ab.

Durch die Gentechnik sind Wissenschaftler nun (im Kapitalismus muss man sagen: leider!) in der Lage, etwas der Natur widersprechendes durchzuführen mit Folgen, die überhaupt nicht absehbar sind. Um das zu verdeutlichen, gehen wir kurz auf die Desoxyribo-NucleinSäure (DNS) ein. Sie besteht aus einem Zucker, der Phosphorsäure und den 4 Basen Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin. Zwei Stränge mit der gleichen Reihenfolge –Z-P-Z-P-Z-P- sind durch jeweils ein Basenpaar miteinander verbunden – man kann es vergleichen mit einem (spiralig gedrehten) Eisenbahnstrang, wo beide Schienen durch die Schwellen miteinander verbunden sind. Die „Schwellen“ werden bei der DNS gebildet von den Basenpärchen AT bzw. TA und CG bzw. GC. Da die Reihenfolge von Z und P immer gleich ist, kann die Erbinformation nur in der Reihenfolge der 4 Basen liegen, ein DNS-Ausschnitt könnte also z.B. so aussehen: …ATTGCAGTTCAA…

Man hat herausgefunden, dass diese Basen als Dreiergruppen (Triplets) funktionieren – die erste Triplet-Information am obigen Beispiel wäre also ATT, dann käme GCA usw.; insgesamt gibt es 64 mögliche Triplet-Kombinationen, deren Bedeutung man inzwischen kennt: jede von ihnen bedeutet eine Aminosäure und gibt Auskunft darüber, welche der 20 verschiedenen Aminosäuren (AS) als nächste in ein Eiweiß/Enzym eingebaut werden soll; da es nur 20 AS sind, aber 64 Triplets, haben einige Triplets dieselbe Bedeutung.

EIN GEN IST AUS DNS

Dieser Satz ist in doppelter Hinsicht bemerkenswert: zum einen ist er sachlich richtig, zum anderen besteht er aus lauter „Triplets“. Man kann an ihm gut die Wirkung eines Eingriffs in die DNS aufzeigen: nehmen wir an, durch irgendeine Ursache fällt das I aus dem ersten Triplett aus (Deletion), dann rückt der erste Buchstabe (die erste Base) des nächsten Triplets auf und es ergibt sich ENG (oder beim Basenbeispiel oben ATG). ENG ergibt ja nun zufällig im Deutschen einen (anderen !) Sinn, aber dann? Es kann natürlich (!) statt zur Deletion auch zur Einfügung einer Base kommen mit entsprechenden Auswirkungen auf die Basenreihenfolge.

Wer kann sagen, welche Folgen es haben wird, wenn in die DNS ein (art)fremdes Stück eingefügt wird?

Welche Folgen es haben kann, wenn nur eine „Schwelle“ um 180° gedreht wird, zeigt die beim Menschen auftretende Erbkrankheit Sichelzellen-Anämie. Sie ist, wenn sie reinerbig auftritt, tödlich. Das Hämoglobin, der für die Atmung wichtige Stoff in den roten Blutkörperchen, verursacht bei Sauerstoffmangel (körperliche Anstrengung, Arbeit) eine sichelförmige Verformung der Haut der roten Blutkörperchen, sie sind dann nicht mehr in der Lage, den Sauerstoff in den bzw. das Kohlendioxid aus dem Körper zu transportieren. Diese Erbkrankheit tritt vor allem in tropischen, malariagefährdeten Gebieten auf. Heute kennt man den Grund: die Haut der mit dem Defekt belasteten roten Blutkörperchen ist für die einzelligen Malaria-Erreger undurchdringlich geworden. Ursache der Mutation: bei nur einem der mehr als 80 Triplets, die für den Aufbau des Hämoglobins verantwortlich sind, ist eine Base geändert, und zwar hat offenbar das Pärchen TA sich lediglich gedreht in AT.

Beim Menschen kennt an etwa 1 Million verschiedene Erbanlagen – allen liegt jeweils eine andere, +/- lange Basen-Triplettfolge zugrunde. Das obige Beispiel zeigt, welche massiven Auswirkungen es zumindest haben kann, wenn nur eine Base ausgetauscht wird: eine negative (Tod bei Reinerbigkeit) und eine positive (Überleben einer Krankheit bei Mischerbigkeit). Wer kann sagen, welche Auswirkungen es haben wird, wenn die natürliche Basenreihenfolge beim Menschen, bei einer Pflanzen- oder Tierart durch Gen-Panscher noch so minimal geändert wird? Wenn gar widernatürlich ein artfremdes Stück DNS eingesetzt wird?

Die Folgen des Durchbrechens der Artschranke sind heute fast völlig unbekannt. Möglicherweise gibt es bereits ein furchtbares Beispiel hierfür: den AIDS verursachenden HIV. Diese Krankheit ist z.Z. noch zu 100 Prozent tödlich, ein Beweis dafür, dass es sie noch nicht lange gibt. Bei Ebola ist das anders: etwa 30 Prozent der Erkrankten überleben und sind nun immun gegen einen erneuten Befall, d.h. ihr Körper ist in der Lage, Antikörper zu bilden. Beim HIV ist das noch nicht der Fall. Wir kennen als Antwort auf die Frage nach der Herkunft von HIV 1 (inzwischen gibt es auch HIV 2, noch gefährlicher) acht verschiedene Antworten; nur eine von ihnen gibt eine Erklärung für die Tatsache, dass der Vorderabschnitt des HIV in seiner Basenfolge übereinstimmt mit dem Vorderabschnitt des in Afrika bei Affen und Menschen vorkommenden, aber meist nicht tödlichen Virus HTLV-1 und dem hinteren Abschnitt des für Schafe tödlichen Visna-Virus. Beide Viren gehören im Stammbaum zwei verschiedenen Zweigen an: HTLV-1 ist ein sofort wirkender Krebsvirus (Oncovirus), der Visna-Virus ein langsam wirkender Lentivirus. Auch das Verbreitungsgebiet beider Arten überschneidet sich nicht oder kaum.Wie kommen diese beiden Stücke zusammen? Die Antwort lässt sich im juristischen Sinne nicht beweisen, denn eventuelle Unterlagen kämen nur durch einen Whistleblower an die Öffentlichkeit…

Doch auch das Panschen innerhalb einer Art kann unerwartete Folgen haben: aus dem Erbgut des Futter-Raps wurden zwei Gene herausgeschnitten, die den bitteren Geschmack verursachten. Diesen „Zuckerraps“ fraßen nun Rehe und Kaninchen besonders gern – und starben unter fürchterlichen Qualen.