IG Metall, ja geht‘s noch?!

Wir begingen den hundertsten Jahrestag der Novemberrevolution. Die IG-Metall-Führung feiert „100 Jahre Stinnes-Legien-Abkommen“. In der Dezembernummer der „metallzeitung“ wird dieses Abkommen zwischen Vertretern des Kapitals (der Industrielle Hugo Stinnes) und der reformistischen Gewerkschaftsführung (Karl Legien) kritiklos als große Errungenschaft der Gewerkschaftsbewegung gefeiert.

In Wirklichkeit aber, wie wir in zwei Artikeln in der letzten Ausgabe von „Arbeit Zukunft“ darlegten, war dieses Abkommen Verrat an den kämpfenden Kolleginnen und Kollegen und dazu gedacht, etwas „Schlimmeres“, nämlich die sozialistische Revolution und die Enteignung der Kapitalisten zu verhindern.

Vgl:

https://www.arbeit-zukunft.de/2018/10/16/dgb-feiert-100-jahre-sozialpartnerschaft-und-blutige-niederschlagung-der-novemberrevolution-mit-der-bundesvereinigung-der-deutschen-arbeitgeberverbaende-bda/

https://www.arbeit-zukunft.de/2018/11/02/bundespraesident-steinmeier-sozialpartnerschaft-ist-die-revolution/

Wenn ein Vertreter der Bourgeoisie, wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ein solches Abkommen preist, dann ist das kaum verwunderlich. Es wirft aber ein bezeichnendes Licht auf den Zustand in der IG-Metall-Führung, wenn dieser Verrat an der Arbeiterklasse noch als Erfolg der Gewerkschaften hingestellt wird. So heißt es in dem Artikel: „Das Stinnes-Legien-Abkommen gilt als Geburtsstunde der Tarifautonomie in Deutschland. …Arbeitgeber und Gewerkschaften erkannten sich darin als Verhandlungspartner an und legten fest, welche sozialen und wirtschaftlichen Fragen sie gemeinsam regeln.“

Der „Kieler Matrosenaufstand“ wird gerade mal erwähnt, die Streiks und Demonstrationen sowie die bewaffneten Kämpfe der Novemberrevolution in Städten wie Berlin, Hamburg und München, aber reichsweit auch in zahlreichen weiteren Orten, werden als „Unruhen“ bezeichnet.

Die Legitimation für dieses Abkommen wird auf die Sozialpartnerschaft fokussiert. Metallzeitung: „Die Gewerkschaften hatten seit Jahrzehnten um die Anerkennung als Vertreter der Arbeiterinnen und Arbeiter gekämpft.“ Jetzt bekamen sie sie sozusagen von den Kapitalisten frei Haus. Oder war es vielleicht der Dank dafür, dass die Gewerkschaften in den Jahren des 1. Weltkriegs den „Burgfrieden“ gehalten hatten, oder dass ihre Führer den Kriegskrediten für die kaiserliche Armee zugestimmt hatten (Legien war SPD-Mitglied und diese Partei stimmte im Reichstag für die Kriegskredite)?

Abschließend schreibt die metallzeitung: „Das Abkommen legte den Grundstein für eine Tarifpolitik, die auf Flächentarifen beruht. Wie wirksam dieses Instrument bis heute ist, zeigt der Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie Anfang 2018. Für Beschäftigte ist er ein weiterer Schritt auf dem Weg zu guter Arbeit.“

Erstens: So berauschend waren die Tarifabschlüsse in der Metall- und Elektroindustrie in den letzten Jahren nicht.

Zweitens: Um gute Tarifabschlüsse zu erreichen, brauchen wir die Kampfkraft der Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben, nicht die Kungeleien in den Tarifkommissionen.

Und: Wir brauchen eine andere, klassenkämpferische Gewerkschaftspolitik.

Kolleginnen und Kollegen, macht in den Gewerkschaften Druck für eine kämpferische Gewerkschaftspolitik!

Wählt in die gewerkschaftlichen Gremien klassenkämpferische Vertrauensleute und Betriebsräte!

S.N.