Sind uns die öffentlich-rechtlichen Medien egal? Verteidigen wir die Meinungsfreiheit gegen die Angriffe der Rechten auf den ÖRR!


Karikatur von Kola

Nein, wir lieben sie nicht, ARD, ZDF, Deutschlandfunk,ihre Medienangebote in Rundfunk, Fernsehen oder Internet. Wir kritisieren ihre zumeist reaktionären Inhalte, ihre immer wieder unverstellte Propaganda für die Politik des deutschen Imperialismus, der Nato und der westlichen Imperialisten in EU und NATO. Wir verurteilen, wenn sie immer wieder die Nazi-Gefahr vertuschen und verharmlosen, wenn gewerkschaftliche Aktivitäten und Forderungen der arbeitenden Menschen immer wieder diffamiert werden.

Sie verbreiten in großem Umfang die Hetze des deutschen Imperialismus: Als anlässlich der Wahl von Biden zum US-Präsidenten Merkel und Kramp-Karrenbauer unisono mit SPD und Grünen mehr Eigenverantwortung Deutschlands forderten, also mehr Aufrüstung und immer neue Kriegseinsätze der Bundeswehr, als sie verbreiteten, Deutschland und Europa müssten eigenständiger werden und „international mehr Verantwortung“ übernehmen, fand das breiten Raum in den öffentlich-rechtlichen Medien. Der Chef des ZDF machte sich persönlich in einem Kommentar zur besten Sendezeit für „mehr Verantwortung“, also mehr Aufrüstung und Kriegseinsätze stark.

Und sie verbrauchen ungeheure Geldmittel, die bei Bürgerinnen und Bürgern durch das System von Zwangsbeiträgen eingetrieben werden. Diese leiten sie oft in die Taschen profitorientierter Konzerne (Sport, Medien).

Die öffentlich-rechtlichen Sender sind ein Instrument der herrschenden Klasse.

Trotzdem ist es uns nicht gleichgültig, wenn ein stramm-rechtes Bündnis immer offener Kurs auf massive Einschränkungen dieses Senderkonglomerats nimmt. Forderungen von Rechts gehen bis hin zur Zerschlagung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR).

Denn zugleich senden diese öffentlichen Sendeanstalten immer wieder wichtige, kritische Berichte, Reportagen und Analysen, mit denen die beteiligten Journalist/innen Kapital und die Herrschenden unter Druck setzen, ihre korrupten und/oder kriminellen Machenschaften entlarven. Das öffentlich rechtliche System ermöglicht dies bisher. Damit soll auch eine demokratische Fassade vorgegaukelt werden, die die realen Machtverhältnisse verschleiert. Hoher Beliebtheit erfreuen sich immer wieder politisch-kritische Magazine, besonders aber Formate wie Die Anstalt, Heute-Show, Satiriker wie Jan Böhmermann (vgl.: https://www.arbeit-zukunft.de/2020/12/11/zdf-neo-magazin-royale-wie-man-verschwoerungstheoretikern-etwas-entgegensetzt/ ), Max Uthoff oder Claus von Wagner u. viele andere. So begrenzt oft deren Enthüllungen sein mögen, sie tragen immer wieder zu einer fortschrittlichen, antifaschistischen Öffentlichkeit bei. Das stinkt den Kräften der deutschen Reaktion und ihren Politiker/innen gewaltig. Schon öfter wurden Sendungen abgesetzt oder unliebsame Journalisten entlassen bzw. kalt gestellt. Deshalb gab es immer wieder Angriffe auf dieses durch Staatsverträge zwischen den 16 Bundesländern geregelte öffentlich-rechtliche System.

Dass man froh sein muss, dass wenigstens ein paar fortschrittliche Journalisten im ÖRR und in einigen bürgerlichen Medien wichtige Enthüllungsarbeit leisten, zeigt auch die Schwäche der Arbeiterbewegung und der revolutionären Medien, die derzeit nicht die Kraft und den Einfluss haben, um das selbständig zu schaffen. Um nicht auf die Krümel Freiheit angewiesen zu sein, die die herrschende Klasse noch lässt, muss sich die Arbeiterbewegung entwickeln und die revolutionäre Medienarbeit gestärkt und ausgebaut werden.

Sachsen Anhalt: Offene Zusammenarbeit der CDU mit der AfD

Und es gibt diese Angriffe auch ganz aktuell. Willkommener Anlass ist der geplante Staatsvertrag über die Gebührenerhöhung für den ÖRR, der im Januar 86 Cent Gebührenerhöhung für alle bringen sollte. Von den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder ausgehandelt, muss er von allen 16 Länderparlamenten beschlossen werden, was bislang 12 Landtage taten. In Sachsen-Anhalt aber will die CDU-Fraktion dagegen stimmen, obwohl ihr Ministerpräsident Haseloff (CDU) bereits zugestimmt hatte. Haseloffs Truppe will den Rundfunkstaatsvertrag kippen, gemeinsam mit der AfD! CDU und AfD haben zusammen eine satte Mehrheit, selbst wenn der eine oder die andere CDU Abgeordnete nicht mitstimmen würden.

Der Konflikt um die geplante Beitragserhöhung brachte das schwarz-rot-grüne Bündnis („Kenia-Koalition“) in Sachsen-Anhalt an den Rand des Koalitionsbruchs. Haseloff zog deshalb die Regierungsvorlage zurück und verhinderte so die Abstimmung im Magdeburger Landtag. Der neue Rundfunkstaatsvertrag ist blockiert. Die Gebührenerhöhung ist erst einmal vom Tisch.

Doch die Gebührenerhöhung, die normal arbeitende Menschen, Verarmte, die normales Volk belastet, ist hier nur der Anlass. Die Blockade bedeutet vielmehr einen strategischen Erfolg für die AfD. Deren Programm fordert „bezüglich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland… dessen Zwangsfinanzierung ist umgehend abzuschaffen und in ein Bezahlfernsehen umzuwandeln“. Dass sie in der Lage ist, eine Gebührenerhöhung zu stoppen, haben die von Faschisten durchsetzten Rechten damit schon jetzt bewiesen! Provokation perfekt! Das gemeinsame Handeln mit der CDU ist damit ja in keiner Weise vom Tisch und kann jederzeit wieder aufleben.

Weitreichende Folgen!

Aber über die Zusammensetzung des Landtags in Magdeburg hinaus ist diese faktische Koalition alles andere als ein Zufall. Die CDU selbst hat schon immer, schon seit Kanzler Kohl, die Privatisierung des ÖRR betrieben. Und – welch ein Zufall! – am 15. Dezember 2020, mitten in die Magdeburger Krise hinein präsentiert der „Bundesfachausschuss Wirtschaft, Arbeitsplätze, Steuern“ der CDU ein Papier (Quelle: Spiegel): „Langfristig sollten die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten schrittweise privatisiert werden.“ Die Privatisierungserlöse sollten in einen Medienfonds fließen, der nur noch einzelne Programminhalte finanzieren dürfe, Vorerst „sollte der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) auf Aufgaben beschränkt werden, die private Anbieter nicht oder nur unzureichend gewährleisten können“. Als Beispiele werden Information, Bildung und Kultur genannt. In Zukunft dürften nicht mehr ganze Sender, sondern nur noch Sende-Inhalte gefördert werden. Das geht sogar über AfD-Forderungen hinaus und entspricht den Forderungen der Medienmonopole, des Großkapitals.

Schon die Rundfunkprivatisierungswelle unter Kohl bewies: Ein Hauptziel ist die Einschränkung, ja Stilllegung kritischer und fortschrittlicher Inhalte. Die Journalist/innen und Medienschaffenden, die diese heute noch betreiben, sind Hassobjekte der Rechten, Reaktionäre und Faschisten. Ihnen die Möglichkeiten der Betätigung zu zerschlagen – dazu sind Teile der Union heute bereit, gemeinsame Sache mit der AfD zu machen, eine Drohung gegen die Reste demokratischer Öffentlichkeit heute. Die zum Teil gewalttätigen Übergriffe von Pegida- oder Querdenken-Leuten gegen Journalisten finden nun in Parlamenten ihre Fortsetzung. Zugleich nehmen die bürgerlichen Parteien, nicht CDU und AfD, sondern auch die FDP, Teile der Grünen und der SPD, die nächste Privatisierungswelle in den Blick

Einmal mehr: Wachsamkeit und Widerstand gegen Rechts notwendig!

Das kann weder der um das Überleben im Kapitalismus kämpfenden Arbeiter/innen-Bewegung und ihren Gewerkschaften noch der antifaschistischen und demokratischen Öffentlichkeit egal sein. Privatisierte Medien sind vollends in der Hand des Kapitals, des Klassengegners, das System des ÖRR dagegen verfügt über Nischen für fortschrittliche Inhalte wie auch mit den Rundfunkräten über gewisse Kontroll- und Einflussmöglichkeiten. Diese sind schwach, aber vorhanden. Bei privatisierten Sendern entscheidet das Kapital über die Aufsichtsräte.

Wir befürworten die Gebührenerhöhungen nicht, belasten sie doch vor allem arbeitende Menschen. Wir fordern vielmehr Transparenz über die Mittelverwendung und ein Ende der Praxis, die Milliarden aus ÖRR-Beitragsmitteln in die Hände profitorientierter Sport-, Medien- und Kulturkonzerne schaufelt.

Aber wir fordern:

Schluss mit der Privatisierung des ÖRR, Freiheit für fortschrittliche Medienarbeit!