Strafbefehl über 1400 Euro wegen Solidarität mit den kämpfenden real-Kolleg/innen

Der stellvertretende DGB-Vorsitzende Kreis Tübingen, Tobias Kaphegyi, erhielt einen Strafbefehl über 1400 Euro, weil er mit anderen vor Real Flugblätter zur Unterstützung der dort kämpfenden Kolleg/innen verteilte. Er hat dagegen Einspruch eingelegt.

Am „Schwarzen Freitag“, 13. Juli 2018 hatte er mit drei Unterstützern Flugblätter am Real-Markt in Weilheim verteilt, um auf Lohndumping, Tarifflucht und prekäre Jobs bei der Einzelhandelskette hinzuweisen. Zeitgleich fand ein Streik der Gewerkschaft Verdi statt, deren Tarifvertrag bei Real von der Metro AG gekündigt worden war. (Siehe dazu auch unseren Bericht über die Streikaktionen bei real: Real,- Supermärkte im Streik! Solidarität mit den real- Kolleginnen und Kollegen!)

Der Tübinger Staatsanwalt wirft Tobias Kaphegyi vor, Verantwortlicher für „eine nicht angemeldete Versammlung“ gewesen zu sein! 3 Personen beim Flugblattverteilen sollen „eine nicht angemeldete Versammlung“ sein? Es ist für uns offensichtlich, dass hier das Recht auf freie Meinungsäußerung mit Füßen getreten wird, übrigens offensichtlich längst kein Einzelfall mehr.

Z. B. wurde während der antifaschistischen Kundgebung gegen AfD-Rechtsaußen Räpple am 10. Dezember in Stuttgart (A Z berichtete) eine Flugblattverteilerin von der Polizei festgehalten und ihre Personalien festgestellt. Sie habe sich mit ihren Flyern angeblich unzulässigerweise von der Kundgebung entfernt. Krasser Verfassungsbruch in Weilheim wie in Stuttgart! Artikel 5 GG: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten…“ – auch als Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit bekannt.

Der DGB-Kreisverband Tübingen erklärt dazu: „Die Kriminalisierung des Gewerkschaftskollegen Kaphegyi, der sich gegen die skandalöse Tarifflucht bei REAL einsetzt, ist eine Justizposse, in der sich einzelne verbeamtete und lebenslang abgesicherte Tübinger Polizist*innen und ein/e Staatsanwält*in zum Handlanger eines Konzerns machen, der sich massiv seiner gesellschaftlichen Verantwortung entzieht.“

Leider ist das längst keine Posse mehr, sondern ein Angriff auf demokratische Rechte! Am 2. Januar findet in Tübingen die Verhandlung zu diesem skandalösen Fall statt.

Übrigens hat der Oberstaatsanwalt Pfohl, schon einmal 2005 einem Antifaschisten einen Strafbefehl über 200 Euro zustellen lassen, weil dieser einen Aufnäher mit durchgestrichenem Hakenkreuz trug. Pfohl machte daraus die „Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole“. Das Urteil wurde später als offensichtlich verfassungswidrig aufgehoben, doch für den Täter, Herrn Oberstaatsanwalt Pfohl, hatte das keine Konsequenzen. Er darf weiter fortschrittliche Menschen verfolgen.

Solidarisiert euch und geht, wenn möglich, zur Gerichtsverhandlung am 2. Januar in Tübingen.

Mittwoch, 2. Januar 2019, 08:45 Uhr, Amtsgericht Tübingen, Doblerstr. 14, 72074 Tübingen