USA: Eine tiefe Gesellschaftskrise


Übersetzung aus „La Forge“ Juni 2020, Zeitung der PCOF (Kommunistische Arbeiterpartei Frankreichs)

Die USA kommen augenscheinlich nicht aus der Wirtschafts- und Gesundheitskrise heraus und die politische und wirtschaftliche Führung hat wie praktisch überall einen großen Teil der Wirtschaft seit Mitte März gestoppt. Die Regierung Trump hatte die Unterstützung der Demokraten im Senat und dem Repräsentantenhaus, um 3.000 Milliarden $ in die Haushaltspläne zur Unterstützung der Unternehmen einzustellen und um 1.200 $ pro Haushalt und 500 $ pro Kind auszuzahlen. Es gibt in den USA weder ein System der Kurzarbeit noch der „0-Kurzarbeit“ und, wie es ein Ökonom ausdrückte, „der Reflex, zu kündigen, ist sehr verbreitet“. Die Arbeitslosen-Zahlen werden wöchentlich veröffentlicht: im April erreichte die Arbeitslosigkeit 23,1 Millionen, das sind 14,7% der arbeitenden Bevölkerung, zu denen noch 10,9 Millionen Teilzeitkräfte hinzukommen, die weder erfasst werden noch eine Entschädigung erhalten und weitere 4 Millionen, denen „abgeraten“ worden ist, sich in das staatliche Arbeitslosengeld-System aufnehmen zu lassen. Seit Beginn der Kontaktsperre Mitte März haben 33,5 Millionen Menschen Arbeitslosengeld beantragt. Allein im Gesundheits- und Erziehungswesen wurden 2,5 Millionen Arbeitsplätze gestrichen!

Das sind sehr entscheidende Zahlen in diesem Land, in dem Trump die „gesunde Wirtschaft“ zum Hauptargument für seine Wiederwahl im November gemacht hat.

Laut Trump-Regierung waren diese Zahlen „zu erwarten“, was ihr zufolge erklärt, dass die Finanzmärkte sich nicht verrückt machen lassen und weiterhin „gedeihen“, so wie die Einkünfte der Milliardäre angestiegen sind, die sich während dieser Monate des Stillstands eines großen Teils der Wirtschaft fortlaufend bereicherten. Zu ihnen zählen die Hauptaktionäre von Amazon, Tesla, Zoom und anderen Web-Riesen, die große Gewinner des E-Commerce, des sprunghaften Wachsens der Telekommunikations-Netze, der Telearbeit und der Telekonferenzen etc. sind.

Die gute Stimmung der Finanzmärkte erklärt sich weitgehend aus der Tatsache, dass die vom Bundesstaat locker gemachten Milliarden über die Banken an die Unternehmen gereicht werden, Banken, die wegen der Garantie des Staates kein Risiko eingehen und sich für ihre „Dienste“ bezahlen lassen.

In der staatlichen Propaganda ist viel von einer massiven Hilfe für die Klein- und Mittelbetriebe die Rede, aber es wird auch den Großbetrieben „geholfen“, vor allem denen, die strategisch wichtig sind. Die Geldanleihen bekommen sie im Austausch für ihre Bemühungen, in den nächsten zwei Jahren die entlassenen Beschäftigten wieder einzustellen. Aber das heißt nicht, dass allen geholfen wird: Diejenigen, die vor der Pandemie schon große Schwierigkeiten hatten, sind Pleite gegangen, vor allem große Verkaufsketten, andere strukturieren sich um, indem sie zig Geschäfte schließen und Tausende Beschäftigte entlassen.

In den USA muss man reich sein, um Zugang zum Gesundheitssystem zu haben, oder Beschäftigter eines großen Unternehmens sein: 50% der Amerikaner sind über ihr Unternehmen krankenversichert. 16 Millionen haben ihre Versicherung verloren, weil sie in den zwei Monaten der Kontaktsperre entlassen wurden! Für viele Werktätige ist von heute auf morgen „das Leben aus den Fugen geraten“. Brutaler und tiefgreifender als die Finanzkrise von 2008 wird diese Krise anhalten, auch wenn von der Regierung Zeichen des „Aufschwungs“ signalisiert werden. Die gesellschaftlichen Folgen für die unteren Schichten, in erster Linie die Ärmsten, aber darüber hinaus für die Arbeiter, Angestellten, für die Arbeitsimmigranten, illegalen Einwanderer, weiblichen Arbeitskräfte, die Jugendlichen, besonders die, welche von Gelegenheitsarbeiten leben, sind erschreckend. In diesem Kontext der Gesellschaftskrise sind die großen Demonstrationen zu sehen, die im Anschluss an den Mord an dem 46-jährigen Afroamerikaner George Floyd durch Polizisten stattfanden.