3. Oktober 1990: Tag der Einverleibung der DDR

Aus der DDR durfte nichts werden, sonst steht die Existenz des Kapitalismus auf dem Spiel.

Von Arbeit Zukunft Magdeburg

Von Adenauer stammen die Worte: Lieber das halbe Deutschland ganz, als das ganze Deutschland halb. „Es geht nicht nur um die Ostzone, es geht darum, ganz Europa östlich des eisernen Vorhangs neu zu ordnen.“ (Adenauer, CDU-Parteitag in Heidelberg, 1.3.1952) „Unser Ziel ist die Befreiung unserer 18 Millionen Brüder und Schwestern in den Ostgebieten. Bis jetzt hat man immer von der Wiedervereinigung gesprochen, wir sollten aber lieber sagen: Befreiung.“ Denkwürdig bleiben die Worte Helmut Kohls vom 21. Juni 1990: „Nur die rasche Verwirklichung der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion bietet die Chance, dass Mecklenburg/Vorpommern, Sachsen/Anhalt, Brandenburg, Sachsen und Thüringen bald wieder blühende Landschaften sein werden… Den Deutschen in der DDR kann ich sagen…: Es wird niemandem schlechter gehen als zuvor – dafür vielen besser… Für die Deutschen in der Bundesrepublik gilt: Keiner wird wegen der Vereinigung auf etwas verzichten müssen.“ (Texte zur Deutschlandpolitik, Reihe III/Bd. 8a, Bundes Verlag, Bonn 1991) Das Ergebnis, der mit der Privatisierung hergestellten Eigentumsverhältnisse in Ostdeutschland, war:

– 85% der ostdeutschen Vermögenswerte (Fabriken, Häuser und Boden) gehören inzwischen Westdeutschen.

– Nur 5% der von der Treuhandanstalt privatisierten Betriebe gingen an Ostdeutsche, 10% an Ausländer (vor allem US-Firmen und westeuropäische Unternehmen) und 85% an Westdeutsche.

Eine historisch beispiellose Umverteilung der Immobilien und Sachwerte verwandelte Ostdeutschland in wenigen Jahren in ein abhängiges Land, in dem alle wesentlichen ökonomischen und politischen Entscheidungen von der herrschenden Klasse der BRD getroffen wurden. Um die DDR-Wirtschaft zu zerschlagen, musste aber auch eine Atmosphäre geschaffen werden, die dies zumindest duldet. Die gesamte Wirtschaft wurde kurzum als „marode“ bezeichnet, alles war nur noch „Misswirtschaft“. Die elektronischen Medien, die Zeitungen, Illustrierten, die gesamte Meinungsmacher-Industrie berichteten nur noch von tatsächlichen Missständen oder erfanden neue.

Gleichzeitig wurde an die Aufbruchstimmung der DDR-BürgerInnen angeknüpft. Illusionen, die bereits unter der SED-Herrschaft viele Millionen Menschen über den Kapitalismus in der BRD hatten, wurden systematisch weiter geschürt: „Es gibt keine Alternative“ und „da müssen wir durch, dann wird es besser“. Polit-Demagogen logen, das sich die Balken bogen: „Aber niemandem wird es schlechter gehen als bisher. Im Gegenteil“ (Kohl). Und: „eröffne die D-Mark die Tür zum Paradies“ (DDR-Pressesprecher Gehler zur Währungsunion 1. Juli 1990). Pieroth (CDU): „Bald spricht man vom goldenen Osten“. (1990). Die bewusst verbreiteten Lügen vom „Aufschwung Ost“ gehörten zum Instrumentarium, die Bürger im Osten ruhig zu stellen. Erst durch diese Vorarbeit, erst durch diese günstigen Bedingungen, gelang es der Treuhand diesen größten (friedlichen) Raubzug der Weltgeschichte durchzusetzen. Der Schriftsteller Rolf Hochhuth, klagte die Treuhandanstalt an, an „einem Raubzug, wie er in keinem von Hitler überfallenem Land angezettelt wurde“, beteiligt zu sein. (ND, 23/24.1.93)

Die Zerschlagung der wirtschaftlichen, politischen und institutionellen Strukturen der DDR war für die westdeutschen Eliten die wesentliche Voraussetzung, um den eigenen Machtapparat, die eigene Wirtschaftsordnung zu installieren. Die zentralen Punkte dieser Bemächtigung waren die Eigentumsfrage, der Verwaltungstransfer und die damit verbundene Besetzung aller wesentlichen Entscheidungspositionen durch westdeutsche Beamte und Manager. In nicht einmal 4 Jahren vollzog sich ein umfassender roll-back der Eigentumsverhältnisse in Ostdeutschland – über 90% der volkseigenen Betriebe wurden an private Besitzer übereignet oder in die Liquidation geschickt. Entscheidend für diese schnelle Privatisierung war die Zerstückelung der Kombinate. Nur auf dieser Grundlage konnten modern ausgestattete und rentable Betriebsteile als Filetstücke an westdeutsche Unternehmen übergeben werden Nur so konnte für „unwirtschaftliche“ Bereiche eine Gesamtvollstreckung eingeleitet werden. Folge des Privatisierungskurses war die nachhaltige Zerschlagung des industriellen Rückgrats der ostdeutschen Wirtschaft. Die Treuhandarbeit zielte ganz bewusst auf die Vernichtung der industriellen Basis in Ostdeutschland. Die Wirtschaftsintegration war politisch und nicht ökonomisch motiviert, die Privatisierung war für die ostdeutsche Wirtschaft eine „Therapie auf dem elektrischen Stuhl“, die vor allem das Interesse der westdeutschen Eliten nach Marktbereinigung und Abschirmung der BRD vor vereinigungsbedingten Veränderungsimpulsen widerspiegelt.

Über den Revisionismus der Honecker-Clique: Kritik muss daran geübt werden, um es fundierter beurteilen zu können. Da ist auch Erich Honecker keine Ausnahme, trotz seines Parteibuches, trotz seiner Lippenbekenntnisse zum Sozialismus. Was letztendlich zählt bei der Bewertung einer Person sind primär die Taten, nicht die Worte. Vermutlich war Erich Honecker schon ab den 50er Jahren ein revisionistischer Karrierist.

Die Übernahme der Chruschtschowschen Politik in den 50iger Jahren durch die SED war der Grund für den Niedergang der DDR. Ein weiterer Feind ergriff die Initiative: Der aus den eigenen Reihen, wie Tucholsky sagen würde. Bürokratismus, die selbstgefällige Arroganz einer Führungsschicht, Bevormundung und Gängelung der arbeitenden Menschen, Kriechertum und Speichelleckerei wurden alles beherrschend im Leben des Landes. Diese Atmosphäre wirkte sich verheerend aus. Der Elan erlahmte, die Selbsttätigkeit wurde als Gefahr für den Erhalt des Staates gesehen und daher immer mehr eingeschränkt, ließ das Interesse am Sozialismus erlahmen. Teile der Bevölkerung übersiedelten in den Westen; für sie wurde die DDR immer unattraktiver. Mit dem Bau der Mauer war dann das endgültige Ende einer sozialistischen Entwicklung der DDR. Auch wenn der Name beibehalten wurde, allein der Inhalt war ein anderer. Die Kluft zwischen Partei und breiten Teilen der Massen war groß geworden und innerhalb der Partei verlor die Führung immer stärker das Vertrauen der einfachen Mitglieder. Besonders die immer restriktiver werdende Informationspolitik der Medien stieß zu Recht auf Ablehnung. Schönfärberischer Aktionismus, dauernde Erfolgsmeldungen, Kampagnenhaftigkeit und peinliche ´Hofberichterstattung´ prägten zunehmend deren Bild. Ohne Zweifel hat der kampflose Zusammenbruch der DDR die deutsche und internationale Arbeiterbewegung zurückgeworfen. Der Verlust des Ansehens des Sozialismus ist tragisch zu nennen. F. Engels sagte einmal: hat man einmal verloren, so muss man wieder von vorn beginnen. In der Niederlage liegen die Keime zukünftiger Siege. Gerade Niederlagen sind die besten Lehrmeister und erteilen eine Lektion in geschichtlicher Dialektik, gerade geschlagene Armeen lernen gut. Die Weltgeschichte geht nicht glatt und gleichmäßig vor sich, „…ohne manchmal Riesenschritte rückwärts zu machen.“ Riesenschritte rückwärts – man darf die Dialektik eben nicht nur als Vorwärts- bzw. Höherentwicklung denken. Proletarische Revolutionen… kritisieren beständig sich selbst, unterbrechen sich fortwährend in ihrem eignen Lauf, kommen auf das scheinbar Vollbrachte zurück, um es wieder von neuem anzufangen.

Literatur:

Grover Furr, Chruschtschows Lügen ( die Beweise, dass alle „Enthüllungen“ über Stalins (und Berias) „Verbrechen“ in Nikita Chruschtschows berüchtigter „Geheimrede“ auf dem 20. Parteitag der KPdSU am 25. Februar 1956 nachweislich falsch waren.

Enver Hoxha: Die Chruschtschowianer – Erinnerungen (http://www.kpd-ml.org/)

Aus einem Flugblatt von ARBEIT ZUKUNFT, Organisation für den Aufbau einer Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands, 39034 Magdeburg – PSF: 351102