Niger im Angesicht von Terrorismus, Banditentum und Elend: Die imperialistischen Länder können nicht „helfen“

„Da die Terroranschläge in der Sahelzone weiter zunehmen und sich auf die Staaten am Golf von Guinea ausweiten, muss die internationale Gemeinschaft erkennen, dass dies nicht mehr nur eine regionale oder afrikanische Angelegenheit ist, sondern eine globale Bedrohung“, sagte UN-Generalsekretär Antonio Guterres, der Anfang Mai nach Niger reiste. Das Szenario ist immer dasselbe: Die imperialistischen Länder, hier insbesondere Frankreich, destabilisieren eine ganze Region durch Ausplünderung, militärische Besetzung und Unterstützung neokolonialer Staaten, deren Sorglosigkeit offenkundig ist, und appellieren dann an die „internationale Gemeinschaft“, den „Frieden“ zu wahren, „Stabilität“ zu gewährleisten und „den Terrorismus zu bekämpfen“. Niger ist da keine Ausnahme.

Wie das Portal der französischen Botschaft in Niger betont, sind dort zahlreiche französische Unternehmen ansässig und „nehmen dort oft eine beherrschende Stellung ein“; dies gilt für die ORANO-Gruppe (ehemals Areva) für den Uranabbau, die CASTEL-Gruppe, VEOLIA, VINCI, ORANGE, TOTAL. Nigers wirtschaftliche und politische Abhängigkeit von Frankreich ist sehr groß: Frankreich ist der wichtigste Empfänger von Nigers Exporten (53,0 %) und sein wichtigstes Lieferland (31,1 %), gefolgt von China (16,9 %) und Nigeria (6,6 %). (Zahlen von 2016).

Militärisch und politisch ist Niger nach der Beseitigung Debys im Tschad, dem Staatsstreich in Mali und der unsicheren Lage in Burkina Faso zum „besten Verbündeten Frankreichs“ geworden. „Da der französische Imperialismus gezwungen ist, sich aus Mali zurückzuziehen und Barkhane umzustrukturieren, befindet sich Niger nun im Zentrum des imperialistischen Militäreinsatzes in der Region. Frankreich und die USA hatten bereits Stützpunkte in Niamey und in der Region Agadez (Norden). Es werden neue Standorte geschaffen. Demokratische und antiimperialistische Organisationen in Niger prangern an, was sie zu Recht als eine Besetzung ihres Landes und eine Bedrohung seiner Souveränität betrachten; aber das nigrische Parlament, das Präsident Bazoum zugeneigt ist, hat diese Verstärkung der ausländischen Militärpräsenz abgesegnet. Ohne Illusionen über die G5 Sahel, die laut Mohamed Bazoum „eine lahme Ente“ ist, sieht das nigrische Regime darin die Voraussetzung für sein politisches Überleben.

Das Land ist heute von einer multiplen Krise bedroht: Sicherheit, Klima, Ernährung… Es muss sich den Übergriffen der Dschihadisten von Al-Qaida oder des ISGS (Islamischer Staat in der Großen Sahara) im Norden und Westen sowie der ehemaligen Boko Haram an der nigerianischen Grenze stellen. Das Banditentum, das auf dem Nährboden der Armut gedeiht, richtet verheerende Schäden an, und ethnische Spannungen entwickeln sich. Der Staat hat Schwierigkeiten, seine Präsenz im gesamten Land zu gewährleisten. Hunderte von Schulen wurden geschlossen. In Bezug auf die Ernährung räumte Bazoum auch die „relative Ineffizienz“ der vor zehn Jahren gestarteten „3N-Initiative“ („Le Niger Nourrit les Nigériens“ – Niger ernäht die Nigerer) ein. Die Getreideernten leiden unter dem fehlenden Regen und die Vorräte gehen zur Neige. Der Viehbestand verkümmert. Die Preise für importierte Waren schießen in die Höhe, vor allem wegen der hohen Transportkosten. Die Situation ist umso kritischer, als Niger ein riesiges Binnenland ist, das keinen direkten Zugang zum Meer hat. Da es stark von russischem und ukrainischem Getreide abhängig ist, sieht es, wie viele andere Länder auch, das Gespenst einer schweren Hungersnot auf sich zukommen.

In einem Punkt hat Guterres also Recht: Das Problem des Niger ist, wie das vieler anderer beherrschter Länder, keine „regionale Frage“. Es ist das Ergebnis der Ausplünderung, die den Reichtum eines Landes – in Niger unter anderem Uran – zu einem Unglück für seine Bevölkerung macht. Es ist das Ergebnis imperialistischer Umverteilungskriege, deren Folgen „global“ sind, wie der Krieg in der Ukraine zeigt. Die Antwort kann nicht die Verstärkung der Militärpräsenz des französischen oder anderer Imperialismen sein, auch nicht die massive Lieferung von Waffen und die Entsendung von Militärberatern und Spezialkräften.

Den Krieg in der Ukraine anzuprangern, unseren eigenen Imperialismus zu bekämpfen und die Völker Afrikas zu unterstützen, die den Abzug der französischen Armee aus der Sahelzone fordern, sind Hebel, die wir haben, um in Solidarität mit dem nigerianischen Volk und den Völkern Afrikas zu handeln. Die Frage nach der Herkunft des Urans und den Bedingungen seiner Ausbeutung in der Debatte über die Wiederbelebung der Atomenergie zu stellen, gehört ebenfalls zu den Hebeln einer konkreten und aktiven Solidarität mit dem nigrichen Volk.

 

Anmerkung AZ:

Niger zählt zu den ärmsten Ländern der Welt und nahm 2019 im Index der menschlichen Entwicklung den letzten Platz von 189 ausgewerteten Ländern ein. (nach Wikipedia)

(aus „La Forge“, Zeitung der PCOF, Mai 2022)