Umwälzungen in der EU und in Europa

Wie wir in mehreren Artikeln hervorgehoben haben, hat der Krieg in der Ukraine große Auswirkungen in Europa. Die EU richtet ihre Militärpolitik an der des US-Imperialismus aus und überbietet sich sogar bei der Frage, welche Waffen an die Ukraine geliefert werden sollen, welche Sanktionen gegen Russland verhängt werden sollen und dass Russland eine Niederlage zugefügt werden müsse. Ursula van der Leyen, die Präsidentin der Europäischen Kommission, die stets auf Englisch spricht, und Josep Borrel, der Leiter der EU-Außenpolitik, drängen die Regierungen der EU-Länder dazu, immer mehr zur Lieferung von Waffen an die Ukraine beizutragen und sich finanziell für ihren „Wiederaufbau“ zu engagieren.

Die Kommission, die nur mit der Zustimmung der Staaten handelt, insbesondere derjenigen, die am meisten Gewicht haben, muss den „Umschwung“ berücksichtigen, der sich in der EU vollzieht und an dem sie aktiv beteiligt ist. Die Regierungen der osteuropäischen Länder, von denen die meisten den „Schutz“ des US-Imperialismus suchen, werfen der französischen und der deutschen Regierung vor, gegenüber Moskau „nachgiebig“ zu sein und das Zelenski-Regime zu „spät“ und zu begrenzt unterstützt zu haben. Objektiv gesehen ist das zum Teil richtig, denn Deutschland hatte wichtige wirtschaftliche Verbindungen zu Russland, insbesondere im Bereich Energie, Gas, einem wichtigen Rohstoff für die bedeutende deutsche Chemieindustrie. Und der deutsche Imperialismus hatte eine lange Tradition der Ostpolitik, die zu seiner wirtschaftlichen Stärkung innerhalb Europas beigetragen hat. Der Krieg in der Ukraine zwang auch die deutsche Führung, sie von Grund auf neu zu bewerten.

Was Macron betrifft, so wollte er gegenüber Putin einen „besonderen“ Weg einschlagen und scheute sich nicht, einen gewissen Dialog aufrechtzuerhalten. Seine Ambitionen wurden mehrfach gedämpft, da der französische Imperialismus nicht über die militärischen, politischen, wirtschaftlichen und diplomatischen Mittel verfügt, um „Gewicht“ zu haben. Putin hat dies mehrfach in Erinnerung gerufen.

Was die Regierungen der nordeuropäischen Länder betrifft, so gaben sie nach der Invasion der Ukraine durch die russische Armee sehr schnell ihren Diskurs von der Neutralität auf – die allerdings mit einer immer engeren Zusammenarbeit mit der NATO einherging – und gingen zu Positionen offener Feindseligkeit gegenüber Russland über, wobei Schweden und Finnland die Mitgliedschaft in der NATO beantragten und die Bevölkerung mobilisierten, um das Land vor einer russischen Invasion zu schützen… Dazu kommen Meldungen über die Sabotage von unterseeischen Gaspipelines und schaffen eine Atmosphäre des unerklärten „asymmetrischen Krieges“.

Hinzu kommen die Pläne zur Erweiterung der EU in Richtung der Balkanstaaten (Albanien, Serbien, Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien), der Ukraine, Georgien und Moldawien. J. Borrel präsentiert diese Politik, indem er von einer „langfristigen Investition in den Frieden, den Wohlstand und die Stabilität unseres Kontinents“ spricht. Zwar sind die Beitrittsmechanismen langwierig und komplex, aber das Beispiel der Ukraine zeigt, dass Schritte schnell unternommen werden können, wenn es darum geht, das westeuropäische „Lager“ gegenüber Russland zu stärken. Diese sich rasch verändernde Situation führt zu dem, was die Befürworter der EU-Erweiterung als „Neuausrichtung der EU“ um Deutschland herum bezeichnen, das eine größere politische, wirtschaftliche und diplomatische Führungsrolle im Dienste des „Kollektivs“ spielen soll.

Die deutsch-französische Achse wird erschüttert.

„Welches Spiel spielt Deutschland?“ titelte kürzlich ein Leitartikler von Le Monde, der für seine kriegerische Haltung gegenüber Russland bekannt ist. Er griff die Reise von Bundeskanzler Scholz nach China an, die „zu früh“, „zu nachgiebig gegenüber dem derzeitigen diktatorischen Regime“, zu offen kommerziell und zu sehr von den egoistischen Interessen der großen deutschen Unternehmen, die am chinesischen Markt interessiert sind, bestimmt sei… Die Angriffe bezogen sich aber auch auf das geringe Interesse der deutschen Führung an den „großen europäischen Projekten“, womit die deutsch-französischen Projekte im Bereich der Verteidigung gemeint sind: Diese „Bürde“ der herrschenden Kreise des französischen Imperialismus spiegelt ihre Angst wider, den Platz als engster Verbündeter Deutschlands zu verlieren, um die Politik der EU voranzutreiben und „gemeinsam“ die Interessen der französischen und deutschen Monopole zu verteidigen. Für die Arbeiter, die Volksmassen und die Völker ist von diesen Spielchen, von der Erweiterung einer Europäischen Union nichts Gutes zu erwarten. Sie ist weder demokratisch noch schützt sie die Arbeiter, sondern treibt die Militarisierung voran und ist schon gar keine „Friedenskraft“. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die Verbindungen im Kampf und die internationale Solidarität zu stärken, wie es das Treffen der marxistisch-leninistischen Parteien und Organisationen in Europa unterstrichen hat.

Aus La Forge, Nov. 2022, Zeitung der PCOF