Pflegereform oder Pflegebetrug?

Immer mehr stellt sich heraus, dass die großmäuligen Ankündigungen der Großen Koalition, die Lage im Pflegebereich in Altersheimen und Krankenhäusern zu verbessern, vor allem Propagandablasen sind.

Beispiel 1:

Schon in den Sondierungsvereinbarungen stand (S.14): „Wir wollen die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung in der Alten- und Krankenpflege sofort und spürbar verbessern… Wir wollen die Bezahlung in der Altenpflege nach Tarif stärken.“

Das wurde im Koalitionsvertrag bestätigt. Wir hatten bereits damals kritisch angemerkt:

Ohne es ausdrücklich zu sagen, geben sie damit zu, dass hier flächendeckend unter Tarif gearbeitet wird und dass sie das wussten, ohne etwas dagegen unternommen zu haben. Ob aus ihren Ankündigungen etwas wird? Und was heißt, Tarif stärken? Da bräuchten sie die Arbeitgeber dazu, die gerade von der untertariflichen Bezahlung profitieren. Da macht man ja den Bock zum Gärtner und sich von den bewussten Ausbeutern abhängig. Man kann wohl schon jetzt davon ausgehen, dass da einiges im Sande verlaufen wird.“ (https://www.arbeit-zukunft.de/2018/01/27/was-steht-in-den-sondierungsvereinbarungen-von-cducsu-und-spd-zur-groko/)

Die Realität sieht sogar noch schlimmer aus. Denn statt Tariflöhne zu stärken oder gar auf ein angemessenes Niveau anzuheben, arbeitet die Regierung und vor allem der Ankündigungs- und Gesundheitsminister Jens Spahn kräftig daran, Niedriglöhne zu ermöglichen und Tarifverträge auszuhebeln.

So hat die Regierung mit einigen Ländern Anwerbeverträge für Pflegekräfte abgeschlossen. Die Fachkräfte müssen Deutschkenntnisse nachweisen, um hier eine Anstellung zu erhalten.

In Albanien haben bis jetzt rund 4500 Pfleger und Krankenschwestern einen Deutschkurs absolviert. 2500 sind bereits zur Arbeit in Deutschland. 2000 warten noch auf eine Anstellung. Und sie erhalten 1500 Euro brutto als Grundlohn! Tarifvertrag? Arbeitsbedingungen sofort und spürbar verbessern? Im Gegenteil! Die Billigkonkurrenz wird bewusst gefördert!

Für die Pfleger und Krankenschwester aus Albanien, die dort ca. 300 Euro monatlich verdienen, erscheinen 1500 Euro viel. Wenn sie nach Abzug der Abgaben hier davon leben müssen, dann leben sie auf Sozialhilfeniveau und müssen noch Geld für ihre Familien in die Heimat schicken. Sie werden gnadenlos ausgenutzt. Zugleich wird damit das Niedriglohnniveau in der Pflege aufrecht erhalten. Die Pfleger und Krankenschwestern aus Albanien oder anderen Ländern sind jedoch nicht unsere Feinde! Im Gegenteil! Feinde sind Typen wie Jens Spahn, die großen Gesundheitskonzerne, die die Not der Menschen ausnutzen.

Es ist dringend notwendig, gegen diese Schweinerei aktiv zu werden – auch und vor allem in den Gewerkschaften! Wir müssen tarifliche Bezahlung und gleiche Rechte fordern!

Beispiel 2:

Im Koalitionsvertrag und in den Ankündigungen von Gesundheitsminister Jens Spahn wurde versprochen, viel Geld in die Hand zu nehmen, um die Pflege in Krankenhäusern und Altenheimen zu verbessern. Mehrere hundert Millionen Euro sollen fließen. Da denkt man: Prima! Doch nun kam heraus, wie das real laufen soll.

Der Vorsitzende der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BEKG), Detlef Piepenburg erklärte am 4. Oktober, durch den Gesetzentwurf zur Pflegereform erhielten die Krankenhäuser in Baden-Württemberg rund 40 Millionen Euro jährlich. Allerdings würde zugleich der bisherige Pflegezuschlag gestrichen, der über 60 Millionen Euro ausmachte. Die Krankenhäuser werden also über 20 Millionen Euro weniger als bisher erhalten, um die Pflege „zu stärken“. Einfaches Grundrechnen zeigt, dass da nichts verbessert, sondern dramatisch verschlechtert wird. Über ein Drittel Zuschuss weniger als bisher kann die Lage in der Pflege nur dramatisch verschlechtern.

Es wird also getrickst und getäuscht, um den Eindruck zu erwecken, das endlich etwas in der Pflege geschehe. In der Realität aber wird das genutzt, um noch mehr zu kürzen und einzusparen. Das Ganze wird dann auf dem Rücken der Beschäftigten und der zu pflegenden ausgetragen.

Diese Betrügereien müssen öffentlich gemacht werden. In den Gewerkschaften muss zum Widerstand dagegen mobilisiert werden.