Kämpferisch: Demo gegen Wohnungsnot, Leerstand, für erschwinglichen Wohnraum!

Stuttgart. Mehrere hundert Aktive demonstrierten am Samstag 28. April vom Erwin-Schöttleplatz zur Wilhelm-Raabe-Str., wo leerstehende Wohnungen besetzt worden sind. Das Haus, nach viermaligen Weiterverkauf jetzt angeblich in der Hand britischer Immobilienspekulanten, steht zur Hälfte leer, obwohl Tausende Wohnungssuchende in Stuttgart händeringend Wohnungen suchen.
Das „Aktionsbündnis Recht auf Wohnen“ hatte aufgerufen. Zunächst gab es eine Kundgebung auf dem Schöttle-Platz. Es sprachen Thomas Adler, Stadtrat der Ratsfraktion SÖS/Linke plus, der Journalist Joe Bauer, Ursel Beck, Sprecherin Stuttgarter Mieterinitiativen, die immer aktiver gegen die asoziale Wohnungspolitik der grün regierten Stadt Stuttgart kämpfen.
Adler prangerte die große Koalition von Grünen, CDU, FDP, freie Wähler, SPD bis zu den Resten der AfD-Fraktion, die eine Wohnungspolitik stützen, die wissend immer weniger(!) Sozialwohnungen und dafür umso mehr Wohnungs-, Miet- und Immobilienspekulanten fördert.
Joe Bauer überbrachte eine Solidaritätsbotschaft streikender Journalisten und prangerte ebenfalls die asozialen Verhältnisse in Stuttgart an:
Oft reden die Leute, die kein Geld für einen Urlaub haben, von den Ferien auf Balkonien. Die traurige Wahrheit aber: Immer weniger können sich eine anständige Bleibe leisten – geschweige denn einen Balkon.
Ein Menschenrecht auf Wohnen könne man vor Gericht leider nicht einklagen. „Wir als Bürgerinnen und Bürger aber haben das Recht und die verdammte Pflicht, um vernünftige Wohnungen auf die Straße zu gehen! Die Wohnungsnot spiegelt die sozialen Zustände in unserer Republik: Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Das Stuttgarter Rathaus überlässt die sogenannte Stadtplanung den Investoren und damit den neoliberalen Machenschaften der Spekulanten. Diese brandgefährliche Profit-Politik schürt die sozialen Konflikte, ist der Nährboden für Rassismus und das Sündenbock-Prinzip. Die Schwächsten in dieser Gesellschaft sind die Opfer. Viele schieben das Übel den Geflüchteten in die Schuhe. Angesichts des bedrohlichen Rechtsrucks bei uns – wo heute mehr Rechtsnationale und Nazis als Sozen im Stuttgarter Landtag sitzen – erleben wir eine fatale, demokratiefeindliche Entwicklung!“
Ursel Beck enthüllte weitere Missstände: Mehr als 11.000 Wohnungen in Stuttgart stehen leer, oft aus reinen Spekulationsgründen. Häuser würden gekauft und zu einem günstigen Zeitpunkt mit Profit weiterverkauft. Wenn da Wohnungen leer stehen, hilft das bei der Abzocke! Die städtische Wohnungsbaugesellschaft SWSG – anstatt dass sie der Wohnungsnot abhilft – lässt auch noch günstigen Wohnraum abreißen, vertreibt Mieter nach Jahrzehnten aus ihrem Kiez, baut teure Wohnungen, renoviert so, dass danach die Mieter sich die Miete nicht mehr leisten können. Sie berichtet von Mieterhöhungen von 300 Euro! In Stuttgart Vaihingen wollen Stadt und SWSG gut erhaltene 9 Wohnungen abreißen, damit dort der Allianz-Konzern seinen neuen Verwaltungspalast hinstellen kann…

Ein Sprecher des Aktionsbündnisses lud dann alle zu einem Spaziergang ein, wo Ortskundige zeigen würden, wo in der direkten Umgebung der Wohnungsskandal u. A. in Form des Leerstands konkret stattfindet.
So liefen Hunderte zu den besetzten Wohnungen in der Wilhelm-Raabe-Str. Die neu wiederbelebten Wohnungen wurden von zahllosen Menschen besichtigt, vor dem Haus und im Garten gab es Essen und Getränke. Auch in Nachbarhäusern hingen Soli-Transparente aus Fenstern.
Einige Polizisten hielten sich zurück. Joe Bauer auf seiner Homepage dazu: „Einer von ihnen, darauf angesprochen, dass sich auch Polizisten in Stuttgart keine Wohnung mehr leisten könnten, sagte: `Ja, das stimmt´.“ (https://www.joebauer.de/de/depeschen.php. Dort auch seine ganze Rede und ein eigener Bericht)

An diesem Sonntag (29. April) gibt es in der Wilhelm-Raabestr. 4 ein Hoffest für alle Interessierten ab 14 Uhr.
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